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Landeshauptstadt: Sie muss leise sein

Gestern weitere Präsentation der Variobahn / Land bei Finanzierung gefragt / Kritik an Hersteller Stadler

Gestern weitere Präsentation der Variobahn / Land bei Finanzierung gefragt / Kritik an Hersteller Stadler „Es ist eine der möglichen Straßenbahnen, die wir in Betracht ziehen“, erklärte gestern Martin Weis, Geschäftsführer der Verkehrsbetrieb in Potsdam GmbH (ViP), bei einer Präsentation der Variobahn des Herstellers Stadler. Der Auswahlprozess für den Kauf von 19 neuen Trams soll 2006 abgeschlossen werden. Eine 100-prozentige Niederflurbahn von Bombardier und eine 70-prozentige Niederflurbahn des Herstellers Alstom-LHB sollen ebenfalls noch getestet werden, letztere im Juli. Wie ViP-Hauptabteilungsleiter Verkehr und Technik, Hartwig Schreiber, erklärte, soll die Ablösung der alten Bahnen bis 2013 abgeschlossen sein. Eine Kaufoption für weitere Combino-Bahnen (Siemens) wurde wegen technischer Probleme zurückgegeben. Die im Einsatz befindlichen würden bis 2006/07 auf Siemens-Kosten saniert. Laut Schreiber habe sich eine Expertengruppe in einem Workshop im März für den Kauf einer 70-prozentigen Niederflurbahn ausgesprochen. Die Variobahn von Stadler, eine 100-prozentige, sei aber trotzdem nicht aus dem Rennen. Die generelle niedrige Ebene biete etwa eine gute Verteilung der Türen. Einen Anspruch müsste die Bahn der Wahl aber dringend erfüllen: Sie muss leise sein. In der kommenden Woche beginnen Geräuschmessungen an der Variobahn. Behindertenvertreter hatten die Variobahn am Vortag getestet und seien „sehr begeistert“ gewesen, erklärte ViP-Chef Weis.Laut Ulf Braker von Stadler habe eine blinde Testfahrerin sogar einen Vorschlag gemacht, der von Stadler übernommen werde – eine fühlbare Kennzeichnung der Ausstiegstür durch eine gerippte Kunststoffleiste. Der Finanzbeigeordnete Burkhard Exner erklärte, bei einem Investitionsvolumen von etwa 40 Millionen Euro für die 19 Bahnen sei „auch das Land gefordert“ – vor Zeiten habe es noch eine 50-prozentige Förderung gegeben, nun nicht mehr. Allein durch den Wegfall der Combino-Kauf-Option sei Potsdam um diese hohe Förderquote gebracht worden. Die gestern gezeigte Variobahn ist seit 1996 in Duisburg im Einsatz und wurde noch von Bombardier gebaut. Künftig soll sie von Stadler in Lizenz gefertigt werden. Unterdessen wächst die Kritik an der Variobahn. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Götz Friederich sagte den PNN, nach seiner Ansicht werde die von Stadler angebotene Variobahn „zu unkritisch“ gesehen. Er habe das Gefühl, die Variobahn sei bereits das „Lieblingsfahrzeug“ unter den Bewerbern. Die ihm bekannt gewordenen Informationen zeigten jedoch, „dass dieses Angebot gründlich geprüft werden muss“. Friederich beruft sich dabei auf Angaben des Nahverkehrsexperten Dieter Doege. Dieser kritisierte auch gegenüber den PNN, dass Stadler „bislang keinerlei Erfahrung mit dem Bau von Straßenbahnen besitzt“. Erschwerend komme hinzu, dass die bisher von Stadler angebotenen, aber noch nicht produzierten und demnach auch nirgendwo im Einsatz befindlichen Stadler-Bahnen beim Fahrwerks- und Antriebskonzept mit der aktuellen Variobahn-Konstruktion von Adtranz „kaum Gemeinsamkeiten“ aufwiesen. Gerade das Combino-Desaster habe aber gezeigt, dass Veränderungen abseits der klassischen und erprobten Straßenbahnbauweise „viel höhere und kaum vorhersehbare Risiken bewirken“. Daher würde der Nachbau der Adtranz-Version durch Stadler „ein für Potsdam unkalkulierbares Risiko heraufbeschwören“. Doege gegenüber den PNN: „Da zukünftige Fehlschläge die Existenz der Straßenbahn in der Landeshauptstadt insgesamt gefährden würden, wäre die Stadt Potsdam mit ihrem Verkehrsbetrieb gut beraten, nur ausreichend erprobte Fahrzeuge von Herstellern mit ausreichender Erfahrung im Straßenbahnbau in die nähere Auswahl zu nehmen.“ gb/ERB

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