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Homepage: Slawisten kämpfen für ihre Disziplin Memorandum gegen Abbau der Slawistik

Den bundesweiten Abbau der Slawistik hat die Professorin für Westslawische Literaturen und Kulturen, Prof. Herta Schmid, von der Universität Potsdam kritisiert.

Den bundesweiten Abbau der Slawistik hat die Professorin für Westslawische Literaturen und Kulturen, Prof. Herta Schmid, von der Universität Potsdam kritisiert. In einem Memorandum haben sich die Potsdamer Slawisten nun an die Öffentlichkeit gewandt. Die Kritik zielt in erster Linie auf den Widerspruch zwischen der EU-Osterweiterung und dem Niedergang der Slawistik an deutschen Hochschulen. „Es geht uns darum, Verantwortliche im öffentlichen Leben dafür zu gewinnen, den seit Jahren beobachtbaren Abbau der Slawistik aufzuhalten bzw. umzukehren“, heißt es. Durch die EU-Osterweiterung seien rund 60 Millionen Slawen zu EU-Bürgern geworden, die slawischen Sprachen würden die größte europäische Sprachgruppe bilden. „Dies sollte eigentlich einen Ausbau der vorhandenen slawischen Einrichtungen anstelle ihres Abbaus zur Folge haben“, so Prof. Herta Schmid. Seit Mitte der 90er Jahre beobachten die Slawisten einen bundesweiten Abbau ihrer Disziplin, zuletzt an der Humboldt Universität Berlin. Vakante Stellen wurden nicht wieder besetzt und dann eingezogen, die Zahl der studierbaren slawischen Sprachen wurde reduziert, ganze Institute geschlossen. An der Universität Potsdam wurde vor drei Jahren der Studiengang Tschechische Literatur, Kultur und Sprache (Bohemistik) geschlossen.Wegen knapper Ressourcen und ähnlicher Angebote in Berlin hieß es damals. In dem Memorandum, das den PNN vorliegt, heißt es zwar, dass die Unterfinanzierung der deutschen Hochschulen zweifellos an der Bedrängung der Slawistik einen Anteil hat. Doch dass es in Brandenburg zwei Juristische Fakultäten gibt (Potsdam und Franfurt/Oder) während die anfänglich auf sechs Professuren geplante einzige Slawistik in Potsdam inzwischen auf drei Professuren geschrumpft ist, von denen die dritte zur Diskussion stehe, stößt bei den Dozenten auf Unverständnis. Allerdings beobachten die Potsdamer Slawisten, dass sich der Blick auf die slawischen Nachbarn derzeit wandelt. „Es wird erkannt, dass nicht nur die historischen und kulturellen Errungenschaften unserer westeuropäischen, sondern auch die der slawischen Nachbarn eine Bereicherung bedeuten“, heißt es in dem Memorandum. Alte Vorurteile würden zunehmend abgelehnt. Allerdings fehle bislang ein durchgreifendes Aufwachen im Bildungs-, Schul- und Hochschulbereich. Dem Beispiel der deutsch-französischen Aussöhnung folgend bräuchte es langfristige Programme zur Ausweitung von Jugendbegegnungen und universitärer Ausbildung. Den derzeitigen Abbau der Slawistik bezeichnen die Verfasser des Memorandums als „gegenläufiges Signal“: Damit würde in der Öffentlichkeit das alte Vorurteil von der vermeintlich geringeren Bedeutung osteuropäischer Kulturen gegenüber den romanischen und germanischen Kulturen wieder geschürt. Die Bildungseinrichtungen und Kultusminister der Ländern seien nun gefragt, die „befruchtenden Werte“ der slawischen Kulturen deutlich zu machen. Jan Kixmüller

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