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Landeshauptstadt: Spontane Schläge

Bis Juli wurden vier Ausländer Opfer rechter Gewalt / Meist sind die Täter nicht organisiert

Bis Juli wurden vier Ausländer Opfer rechter Gewalt / Meist sind die Täter nicht organisiert Die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten in Potsdam befindet sich bisher auf dem gleichen Level wie im vergangenen Jahr. Das bestätigte Toralf Reinhardt, Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) Brandenburg, gestern den PNN. Im ersten Halbjahr 2004 und 2005 seien jeweils elf Fälle wie Körperverletzungen, Drohungen und Beleidigungen an die Staatsanwaltschaft übergeben worden. Auffällig an den vom LKA genannten Zahlen ist aber, dass bis Juli 2005 viermal so viele Ausländer Opfer politisch motivierter Körperverletzungen wurden als in den ersten sechs Monaten von 2004. Allerdings seien diese Zahlen kaum aussagekräftig, da sie zu niedrig seien, so Reinhardt: Wurde im ersten Halbjahr 2004 eine Körperverletzung registriert, hat die Polizei im ersten Halbjahr 2005 von vier Ausländern, die aus fremdenfeindlichen Motiven verletzt wurden, erfahren. Zwar habe sich die Situation in Potsdam, nachdem 2002 „ eine ganze Serie an fremdenfeindlichen Übergriffen“ stattgefunden hätte, etwas beruhigt. Dennoch sei Potsdam neben Cottbus die Stadt in Brandenburg mit den meisten ausländerfeindlichen Straftaten, sagt Kay Wendel vom Verein Opferperspektive. Der Verein berät Menschen, die in Brandenburg Opfer rechter Gewalt geworden sind und stellt den Kontakt mit Polizei und Rechtsanwälten her. Potsdams Spitzenstellung läge sicherlich auch daran, dass hier mehr Ausländer wohnen als in anderen Städten – zurzeit mehr als 6300. Viele wohnten ganz normal in den Wohngebieten, wo sie ständig auch auf Deutsche mit einem „rassistischen Weltbild“ träfen, so Wendel. Die hier lebenden Ausländer würden laut Wendel längst nicht nur von Mitgliedern der rechten Szene angegriffen, sondern auch von „ Durchschnittsbürgern“. Er erinnere sich an „einen Herrn um die 50“, der einem Afrikaner ins Gesicht geschlagen hatte. Dem Richter habe der Schläger seine Tat damit begründet, dass „die sowieso immer so aufmüpfig sind“. Die meisten Angriffe auf Ausländer seien nicht organisiert, sonder geschähen spontan, so Wendel. So auch im jüngsten Fall, der statistisch noch nicht erfasst ist, als ein 31-jähriger Kameruner im August von zwei Potsdamern vor dem Asylbewerberheim im Lerchensteig zu Boden geschlagen und getreten wurde. Die beiden Täter seien der Besuch eines Bewohners der benachbarten Wagenburg gewesen und nicht „zum Ausländer verprügeln“ dorthin gefahren. Die Wagenburg-Bewohner hätten den Empfänger des rechten Besuchs bereits verwarnt, die vermeintlichen Täter sitzen in Untersuchungshaft. Doch auf Ausländer wirke jeder solche Angriff traumatisierend, auch wenn sie nicht direkt Opfer wurden, erklärt Wendel: „Sie sind beunruhigt und verunsichert, weil sie immer das Gefühl haben: Es hätte auch mich treffen können.“

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