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Landeshauptstadt: „Springende Pferde“ im Gastraum

Altes Geschäftshaus in Babelsberg beginnt seine dritte Karriere – nach feinem Zwirn und Lampen jetzt italienische Küche

Altes Geschäftshaus in Babelsberg beginnt seine dritte Karriere – nach feinem Zwirn und Lampen jetzt italienische Küche Von Erhart Hohenstein Babelsberg. Nach einjährigem Leerstand füllt sich eines der traditionsreichsten Geschäfthäuser in Babelsberg wieder mit Leben. Ältere Einwohner können sich noch an das Konfektionshaus Böhm in der Kopernikusstraße 19 erinnern. Robert Böhm, der stets in „feinem Zwirn“ daherkam, hatte es in den 20er Jahren an sein 1894 errichtetes Wohnhaus angebaut und bot hochwertige Kleidung an. Das Unternehmen, von seinem Sohn Bernhard weitergeführt, überstand Inflation, Weltwirtschaftskrise und Zweiten Weltkrieg, bis es in den 60er Jahren von der Volkseigenen Handelsorganisation (HO) geschluckt wurde. Nunmehr Lampenladen, sah es auch noch die Nachwendejahre. Dann aber kam doch der Leerstand. Damit wollten sich die Hauseigentümer, der fast 70-jährige Peter Dreibrodt, ein Böhm-Enkel, und seine Ehefrau Steffi nicht zufrieden geben. Sie steckten risikobereit ihre Ersparnisse in einen aufwändigen Umbau, nach dem das Haus nun in den nächsten Tagen als italienisches Restaurant „Toscana“ eine dritte Karriere beginnt. Der einstige Ladenraum wird vom 32 Personen an luftig gestellten Tischen fassenden Gastraum und der Theke eingenommen, die Nebenzimmer wurden zu Sanitärräumen, u. a. mit einer vorbildlichen Behindertentoilette, ausgebaut. Die Küche, auf“s modernste mit einem hochwertigen Lüftungssystem ausgestattet, war früher der Schlafraum der alten Böhms, später die Nähstube. In Shkelzen Purrini, dessen Namen seine italienische Herkunft verrät, haben die Dreibrodts einen Pächter gefunden, der in der Rudolf-Breitscheid-Straße schon bisher erfolgreich eine einschlägige Gaststätte betrieb. Von dort wollte er aber wegen des lang andauernden Straßenbaus, der Sperrungen und der fehlenden Parkmöglichkeiten weg. Der Diplomwirtschaftler, der an der Universität Prizren (Kosovo) studiert hat, wird italienische Küche mit einigen regionalen Spezialitäten aus der Toskana anbieten. Dazu zählen Lumanche (Schnecken) la Toscana, Tagliatelle verde al Salmone (Lachs) und gegrilltes Zanderfilet in Grappasauce. Nicht nur diese Speisen und dezente Musik werden aber an die viel besungene italienische Landschaft erinnern, die Heimat von Galilei, Michelangelo und Puccini. Der heute in Neuenhagen lebende Maler und Grafiker Peter Cange hat den Dreibrodts einen Freundschaftsdienst erwiesen und für das Ristorante Leihgaben zur Verfügung gestellt. Auf den in zarten Farben wie hingehaucht erscheinenden, aber dennoch dynamischen Aquarellen zeigt der Mattheuer-Schüler, der unlängst unter anderem in den USA, Berlin und Hamburg ausgestellt hat, die berühmten „springenden Pferde“ der Toscana, den Hahn als Wappentier und zuchtvoll verhüllte erotische Schönheiten.

Erhart Hohenstein

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