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Landeshauptstadt: Stadtmauer steht wie eine Eins

Restaurierung des letzten Stückes der Akzisemauer in der Großen Fischerstraße abgeschlossen

Restaurierung des letzten Stückes der Akzisemauer in der Großen Fischerstraße abgeschlossen Von Günter Schenke Innenstadt - Die restaurierte Stadtmauer an der Großen Fischerstraße steht wie eine Eins, denn sie hat im Innern ein Edelstahl-Korsett erhalten. Zwar neigt sie sich ein wenig, aber das ist Absicht: Am historischen Bild sollte sich möglichst wenig ändern. Gestern enthüllte Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz an Ort und Stelle ein Schild, das an den Bau der jetzt 3,40 Meter hohen Mauer im Jahre 1722 und an die Restaurierung im vergangenen Jahr erinnert. 600000 Euro hat die Instandsetzung des 168 Meter langen Teils gekostet. Die große Summe ist nur verständlich, wenn der Aufwand bekannt ist. Und der war enorm. An einer „Schaugrube“ ist zu sehen, dass ein großer Teil der Mauer unter der Erde liegt, weil die Straßenoberfläche in den seither vergangenen Jahrhunderten gewachsen ist. „Wir mussten unten genauso restaurieren wie oben und dazu noch eine Menge Müll entsorgen“, berichtet Projektleiterin Petra Hesse vom Kommunalen Immobilienservice (KIS) der Stadt. Nachdem es zuerst so aussah, als müsse die Mauer in sich zusammenfallen, ergaben sich unverhofft Fördermöglichkeiten. „Wir mussten allerdings mit 30000 Euro in Vorleistung gehen“, beschreibt Hesse eine der Hürden, die bis zum Förderantrag zu überwinden waren. Unterstützung habe es dabei vom Förderverein für den Stadtkanal gegeben. Schließlich gelang es, eine Zusage für 80 Prozent der Kostenübernahme aus dem Landesprogramm „Städtebauliche Erneuerung“ zu erhalten und so konnte die Restaurierung im Juni 2004 beginnen. Das heute vorhandene Ergebnis ist für alle, die das Bauwerk von früher kennen, gewöhnungsbedürftig. Ein großer Teil der Mauer ist nämlich mit einem dünnen Kalkputz versehen, durch den die Ziegel mehr oder wenig durchschimmern. Nur den senkrechten Stützen haben die Restauratoren das ungeschlemmte Mauerwerk belassen. Roland Schulze, dessen Mitarbeiter die Maurerarbeiten ausgeführt haben, erklärt, dass sich somit der alte Teil von den nachträglich gemauerten Stützen abhebe. Das war ausdrücklicher Wunsch der Denkmalpflege. Letztere habe auch durch Untersuchungen nachgewiesen, dass der leichte Kalkputz dem historischen Bild entspreche. Herzstück des Werkes sind die so genannten Zugbewehrungen nach dem Konzept des Architekturbüros Bernd Redlich und dem Ingenieurbüro Wolfgang Stich. Es handelt sich um 38 Edelstahlteile mit einer Länge von jeweils 5,20 Metern. Senkrecht in die Mauer hineingetrieben und unten fest verankert, geben sie dem Bauwerk eine nahezu unverwüstliche Standfestigkeit. Neben der Baudenkmalpflege GmbH von Roland Schulze war die Firma Lunbitz Garten- und Landschaftsbau aus Brandenburg an der Havel beteiligt. Letztere schuf eine mit Holzpollern und Ketten umfriedete Grünanlage, in die sogar eine Hundetoilette integriert wurde. Bekanntlich handelt es sich bei der Potsdamer Stadtmauer nicht um eine militärische Schutzanlage, wie ihn die mittelalterlichen Mauern darstellten. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. wollte mit dem Bauwerk vielmehr verhindern, dass die zahlreich in der Stadt stationierten Soldaten über die im Winter zugefrorene Havel das Weite suchten. Die Mauer war durch ihre Höhe von 4,40 Metern und ihre Ausführung ein nahezu unüberwindliches Flucht-Hindernis. Außerdem war sie Bestandteil der „Akzisemauer“, an deren Toren Zolleinnehmer das Sagen hatten.

Günter Schenke

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