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Landeshauptstadt: Trommeln ist Verständigung Neun Autisten leben in neuer Spezial-Wohnstätte

Babelsberg - Nach etlichen Versuchen hat die 14-jährige Raphaela geschafft, den Nagel in das Brett zu schlagen. Ein Erfolgserlebnis für das autistische Mädchen, das Betreuerteam applaudiert.

Babelsberg - Nach etlichen Versuchen hat die 14-jährige Raphaela geschafft, den Nagel in das Brett zu schlagen. Ein Erfolgserlebnis für das autistische Mädchen, das Betreuerteam applaudiert. Bis vor Kurzem hat Raphaela noch bei ihren Eltern gewohnt, dann ging ihnen die Kraft aus. Nun lebt der Teenager in der Oberlin-Wohnstätte für Jugendliche und junge Erwachsene mit Autismus. Nach einem halben Jahr Bauzeit eröffnete sie vor wenigen Wochen in der Steinstraße. Neun der zehn Plätze sind nun bereits belegt, so die Leiterin Juliane Höpfner.

Raphaelas neues Heim ist ein Gebäude mit drei Etagen, umgeben von Bäumen, mit großen Fenstern, zwei Gruppen- und Therapieräumen. Jeder Bewohner hat zudem ein Einzelzimmer mit den notwendigen persönlichen Besonderheiten. Die 22-jährige Maria beispielsweise braucht, um nachts überhaupt zur Ruhe zu kommen, eine zwölf Kilogramm schwere Dinkel-Decke. „So kann sie sich und ihren Körper spüren“, erklärt Höpfner. Persönliche Stundenpläne für alle Bewohner geben dem Tag Struktur. Zwar können viele der Bewohner lesen, rechnen und schreiben, trotzdem sei es „für Autisten sehr schwierig, ihren Alltag zu organisieren“, schildert Höpfner. Rund um die Uhr werden die Bewohner betreut – keine immer einfache Aufgabe, denn gerade in der Pubertät neigen viele autistische Menschen zu Aggressionen. Der 21-jährige Martin etwa, ein 150-Kilo-Mann, lasse seine Wutanfälle schon mal am Mobiliar aus. Auf einem Hometrainer versucht er nun regelmäßig seine Aggressionen abzubauen. Das Sportgerät und vieles mehr konnte das Heim dank Spenden kaufen – wie die Musikinstrumente, die die Mittelbrandenburgische Sparkasse gesponsert hat. Im Oberlinheim trommeln Betreuer und Bewohner, um sich zu verständigen. Denn weil Autisten ihre Sinneseindrücke nicht richtig verarbeiten können, verstehen sie andere Menschen kaum. Durch die gemeinsamen Rhythmen fänden sie nun den Zugang zueinander, so Höpfner. Sie hofft, dass zumindest einige Bewohner durch den Heimalltag so selbstständig werden, dass sie langfristig in einer geschützten Werkstatt arbeiten können.bou

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