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Sport: „Unser Verein ist nicht in Gefahr“

Geschäftsführer Peter Rieger über Probleme und Projekte des SC Potsdam

Herr Rieger, müssen Sie sich als Geschäftsführer in diesem Jahr Sorgen um den SC Potsdam machen, der als einer der größten Sportvereine des Landes 2011 seinen 50. Geburtstag feierte?

Nein. Warum sollte ich?

Im vergangenen November klagten Sie auf der Leistungssportkonferenz in Potsdam darüber, dass dem SC 100 000 bis 200 000 Euro fehlen.

Wenn unsere Partner und Sponsoren zu den getroffenen Kooperations- und Werbeverträgen stehen, die wir im letzten Jahr vereinbart haben, werden wir trotz der unpräzisen und zum Teil unsachlichen öffentlichen Diskussion über Sport-Sponsoring über die Runden kommen – unser Verein ist solide aufgestellt. Trotzdem müssen wir uns anstrengen und Risiken minimieren. Zum Beispiel fallen die größten Kosten für die Volleyball-Bundesliga in der ersten Halbserie einer Saison an – also von Juli bis Dezember. Auch wenn das alle sehr belastet, wird deswegen unser Verein nicht in Gefahr geraten. Außerdem wird der gesamte Bundesliga-Betrieb und (Höchst-) Leistungssport durch eine externe GmbH – das heißt: vereinsunabhängig – abgewickelt. Der Verein selbst ist nicht durch Bundesliga-Kosten belastet, außer durch die Lizenz- und Kampfrichtergebühren. Unser Nachwuchs- und Breitensport und unser Jugendclub haben ohnehin keine Probleme.

Hat sich die Situation für Ihre Leistungssportler inzwischen verbessert oder verschlechtert?

Wie gesagt, können wir insofern Entwarnung geben, dass wir im Großen und Ganzen klar kommen. Wir haben wegen der öffentlichen Diskussion in Potsdam Sponsoren und Werbepartner verloren, jedoch auch eine Reihe neuer Sponsoren gewonnen.

Wie ist Ihre Wahrnehmung – ist das Klima für Sport-Sponsoring in Potsdam wieder besser geworden als im vergangenen Sommer und Herbst, als die von Ihnen erwähnte öffentliche Diskussion über solches Sponsoring für Verunsicherung bei zahlreichen Geldgebern sorgte?

Unter Sponsoring wird in Potsdam oft fälschlicherweise verstanden, dass einem Geld geschenkt wird. Dabei zahlt der Sponsor für eine Werbeleistung, die durch eine öffentlichkeitswirksame Leistung erbracht wird. Das andere sind Spender und Mäzene, und Mäzene haben wir auch. Gleichwohl haben wir auch neue Sponsoren gefunden, obwohl das nie leicht ist. Schon gar nicht in Potsdam mit so vielen Sportvereinen. Vielleicht ist es ein Plus unseres Sportclubs, neben dem Leistungssport auch soziale Bereiche anzubieten. Sponsoren fühlen sich meiner Ansicht nach oft besonders dort wohl, wo sie Leistungssport fördern und zugleich etwas für die gemeinnützige Arbeit des Vereins leisten, denn sie sind dann auch bei diesen sozialen Projekten präsent.

Hatte die finanzielle Situation Ihres Vereins damit zu tun, dass Ende November mit Antje Möldner und Thomas Schneider zwei namhafte Leichtathleten den SC Potsdam verließen?

Nein. Jochen Wiedemann, der Trainer Thomas Schneiders, wollte hauptamtlich angestellt werden. Das ist für einen einzelnen Sportler, der bei internationalen Höhepunkten wie jetzt den Olympischen Spielen eventuell einen Nationenpunkt mit der Staffel holt, nicht leistbar. Herr Wiedemann ist daher nach Dresden gewechselt – und Thomas Schneider ist ihm gefolgt. Antje Möldner hatte ein Vertragsangebot von uns, das sie nicht akzeptierte. Wir hatten sie in den vergangenen beiden Jahren, als sie wegen ihrer schweren Erkrankung keine Leistungen bringen konnte, weiter gefördert, mussten jetzt aber Abstriche machen – mit der Option einer Vertrags-Verbesserung, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt, sprich: sich für die Olympischen Spiele in London qualifiziert. Es wäre sonst gegenüber unseren anderen Sportlern ungerecht gewesen, ihr von vornherein ein höheres Angebot zu machen.

Wie sehen Sie nun die Chancen der Potsdamer Leichtathleten, 2012 erfolgreich zu sein?

Wichtig ist, dass junge Leute wie Gordon Wolf im Diskuswerfen und die Zwillinge Elina und Diana Sujew über 1500 Meter zu Spitzenleistungen im Erwachsenenbereich geführt werden. Dann muss uns nicht bange sein. Und dann hoffen wir natürlich, dass Claudia Grunwald – früher Hoffmann – eine gute Viermal-400-Meter-Staffel bekommt, mit der sie in London vorn dabei sein kann. Dazu gehört auch Glück.

Melanie Seeger und Christopher Linke haben im Gehen bereits die Olympianorm für London geschafft.

Was uns sehr freut. Wenn Melanie Seeger erneut das umsetzt, was sie schon schaffte, kann sie im Sommer vorn mitmischen. Und Christopher Linke wird sicher auch stark sein. Wir arbeiten übrigens daran, dass Hagen Pohle in diesem Jahr mit dem Ziel international angreifen wird, künftig die 50 Kilometer zu gehen.

Mitte Februar lädt der SC wieder zu seinem Indoor-Stabhochsprung-Meeting in das Stern-Center ein.

Können Sie den Potsdamern angesichts der Finanzlage wieder einen spannenden internationalen Wettkampf versprechen?

Wir haben dafür wieder unser normales Budget zur Verfügung und gehen derzeit davon aus, im Februar eine Wiederauflage des WM-Finals von 2011 in Daegu anbieten zu können. Unser Meeting im Stern-Center ist für die Stabhochspringer eine sehr gute Adresse geworden, und die Potsdamer können sich auf ein Highlight freuen.

Neben der Leichtathletik sind die Volleyballerinnen ein Aushängeschild Ihres Vereins. Leidet die Qualität des diesjährigen Bundesliga-Teams unter Sparzwängen?

Wir hatten für die Volleyball-Bundesliga in den vergangenen Jahren ein Budget von 275 000 Euro, und in diesem Bereich bewegen wir uns auch in dieser Saison. Wir hätten gern mit unserer Mannschaft des vergangenen Jahres weitergespielt und ein, zwei reifere Spielerinnen dazugeholt. Das hat sich leider nicht so verwirklichen lassen und dazu geführt, dass wir eine völlig neue Mannschaft aufbauen mussten. Wobei unser neuer Trainer Alberto Salomoni unser volles Vertrauen hat. Wir arbeiten gern mit ihm zusammen, auch mit dem klaren Ziel, in den nächsten fünf Jahren in Potsdam schrittweise einen Volleyball-Bundesstützpunkt Nachwuchs aufzubauen. Und da wir wissen, dass die Mannschaft mehr kann als zuletzt gezeigt, sind wir sicher, dass die Erste Bundesliga gehalten wird.

Seit vergangenem Samstag steht der SC Potsdam nach der 2:3-Niederlage in Sinsheim aber mitten im Abstiegskampf. Wie sehen Sie die Situation?

Sie ist nicht einfach, vor allem für die Moral der Mannschaft. Sie muss sich aufraffen und mehr zusammen spielen, mehr mannschaftliche Geschlossenheit zeigen. Und unsere Führungsspielerinnen müssen dabei auch ihre Verantwortung zur Führung der Truppe wahrnehmen.

Ab 29. Februar werden die Volleyballerinnen ihre Heimspiele in der neuen MBS-Arena im Luftschiffhafen austragen; das erste gegen den VC Wiesbaden. Überwiegt die Vorfreude darauf oder die Sorge, was die dortigen Spiele dem Verein kosten werden?

Wir freuen uns auf die Spiele in der neuen Halle, und es gibt einen Vertrag zur kostenlosen Hallennutzung. Die Ankündigung der Stadt ist ja, dass alles Weitere erst einmal bleibt wie bisher. Was danach kommt müssen wir sehen – die Verhandlungen laufen ja noch. Es geht doch zunächst darum, viele Zuschauer in die neue Halle zu bekommen, und der Betreiber der Halle muss dafür erst einmal investieren und den Sport dort so fördern, dass ein gewisser Eventcharakter entsteht. Uns wären natürlich immer 2000 Zuschauer am liebsten – das ist uns ein großer Ansporn und für alle Beteiligten eine große Herausforderung.

Erfolgreichste Abteilung des SC sind derzeit die Bobsportler, die 2011 durch den Viererbob Manuel Machatas den Weltmeistertitel nach Potsdam holten.

Das stimmt. Die Unterstützung und die Anstrengungen für die Bob-Abteilung zahlen sich sehr gut aus. Das ist im Augenblick der effizienteste Bereich – und wir sind erfolgreich.

Das Interview führte Michael Meyer.

Peter Rieger (58), einst aktiver Weitspringer des ASK Vorwärts Potsdam, wurde später Leichtathletik-Trainer und ist seit der Neugründung des SC Potsdam 1994 dessen Geschäftsführer.

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