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Darüber, was es für die Mobilitätswende braucht und wie ein kostenloses Jugendticket realisiert werden kann, sprachen junge Menschen mit politisch Verantwortlichen.

© Andreas Klaer

Unterstützung aus der Politik: Potsdamer Jugendliche fordern kostenloses ÖPNV-Ticket

Laut einer Umfrage sind 97 Prozent aller Schülerinnen und Schülern dafür. Auch viele Parteien sind für eine Umsetzung der Maßnahme.

Ein kostenloses ÖPNV-Ticket für Schülerinnen und Schüler: Das wünschen sich viele Kinder und Jugendliche aus Potsdam, wie eine Umfrage des Stadtjugendrings Potsdam (SJR) ergab. Über 950 Jugendliche haben daran teilgenommen, die Ergebnisse wurden am Montag bei einer öffentlichen Diskussion mit SPD, Grünen, Linkspartei, CDU, FDP und der Stadtfraktion „Die Andere“ im Haus der Jugend vorgestellt. Organisiert wurde sie vom SJR, dem Kreisschülerrat und dem Kinder- und Jugendbüro Potsdam.

97
Prozent der über 950 befragten Kinder und Jugendliche fänden ein kostenloses Schülertickt sinnvoll.

97 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ein kostenloses Schülerticket sinnvoll fänden, gerade für Schule und Freizeit. Die meisten würden es vor allem nutzen, um Freundinnen und Freunde zu treffen (75 Prozent), um Sportangebote zu nutzen (71 Prozent) oder die Familie zu besuchen (61 Prozent).

An der Befragung hatten Kinder und Jugendliche aus allen Ortsteilen Potsdams zwischen sechs und 16 Jahren teilgenommen, rund die Hälfte von ihnen geht auf ein Gymnasium. 63 Prozent der Befragten besuchen eine Schule außerhalb des Stadtteils, in dem sie wohnen.

„Ich fahre jeden Tag mit Bus und Bahn, meine Eltern können mich nicht abholen“, sagte der achtjährige Carl bei der Diskussionsveranstaltung, an der etwa 15 Kinder und Jugendliche teilnahmen. „Deshalb fände ich es wichtig, dass das Ticket kostenlos wäre.“

Die 17-jährige Anni Wassermann betonte, dass sie aufgrund der Schulpflicht zwangsläufig regelmäßig Geld für den ÖPNV ausgeben müsse: „Das Geld würde ich lieber für andere Sachen verwenden, zum Beispiel Bücher.“ Am wichtigsten sei aber Teilhabe: „Gerade nach der langen Corona-Zeit wäre es angebracht, wenn Kinder und Jugendliche wieder mehr am sozialen Leben teilhaben könnten“, so Wassermann.

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage wäre dies ein positives Zeichen vonseiten der Stadt: 66 Prozent von ihnen fühlen sich mit ihren Bedürfnissen von der Stadt Potsdam „weniger“ oder „nicht“ ernst genommen.

Bei den Vertreterinnen und Vertretern der Parteien stieß die Forderung größtenteils auf Wohlwollen: Alle bis auf SPD und FDP zeigten den Daumen nach oben. Matthias Kaiser (CDU) schränkte ein, dass seine Partei vermutlich anderer Meinung sei, er selbst befürworte aber ein kostenloses Schülerticket: „Ich war als Kind auf dem Land immer kostenlos unterwegs; ich hatte mich gewundert, dass es in Potsdam nicht so ist.“

Derzeit kostet ein Schülerticket für Potsdam AB monatlich 23,10 Euro, für Schüler und Azubis 27,85 Euro. Grit Schkölziger (SPD) findet diesen Preis angemessen: „Andererseits gibt es natürlich auch Haushalte, für die das nicht leistbar ist. Solchen Familien muss Teilhabe ermöglicht werden.“ Ähnlich äußerte sich Madeleine Floiger (FDP): „Es wäre nicht gerecht, wenn auch reiche Familien dieses Ticket geschenkt bekämen.“ Abgesehen davon sei derzeit einfach kein Geld für ein kostenloses Schülerticket vorhanden.

Fünf Millionen Euro pro Jahr

2020 war zuletzt in der Stadtpolitik über ein solches Ticket diskutiert worden, damals wurden die jährlichen Kosten auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt. Grüne, Linke und die Andere wären bereit, dieses Geld auszugeben: „Wir sollten von Kindern keine Nachweispflicht der Bedürftigkeit fordern, sie sollten einfach losfahren können“, sagte Isabelle Vandre (Linkspartei).

Philipp Ziems (Die Andere) argumentierte: „Kostenlose Mobilität würde für mehr soziale Durchmischung sorgen, das wäre eine Bereicherung für die Stadtteile.“ Wiebke Bartelt (Grüne) betonte die finanzielle Autonomie vom Elternhaus: „Jugendliche sollten alleine entscheiden können, ohne immer die Eltern fragen zu müssen.“ Zudem sei die Förderung des ÖPNV auch gut für den Klimaschutz.

„Ich habe von allen gehört, dass das Geld fehlt, aber wo könnte es herkommen? Könnte man zum Beispiel die Parkgebühren erhöhen?“, fragte ein Schüler. Eine Idee, die Bartelt gerne aufgriff: „Ein Anwohnerparkausweis kostet in Potsdam nur 30 Euro im Jahr; wenn man das erhöhen würde, hätten wir schnell mehr Geld zusammen.“ Matthias Kaiser hielt davon nichts: „Ich will niemandem vorschreiben, ob er das Auto oder den Bus nimmt.“

In einem Punkt waren sich jedoch alle Parteien einig: Dass rechtzeitig mehr Busse und Bahnen angeschafft werden müssten, bevor ein kostenloses Schülerticket eingeführt würde.

Das Ringen um den kostenlosen ÖPNV für Kinder und Jugendliche reicht weit zurück: 2009 landete der Vorschlag beim Bürgerhaushalt auf dem ersten Platz. Der letzte Vorstoß fand bei der Stadtverordnetenversammlung am Montag statt, wo die Fraktion „Sozial.Die Linke.Potsdam“ einen entsprechenden Antrag eingereicht hatte. Abgestimmt wurde darüber nicht, der Antrag wurde in die Fachausschüsse weiterverwiesen.

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