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Landeshauptstadt: Uraltes Wissen aus Wat Po

Die Babelsbergerin Barbara Waretzky flog nach Thailand und gründet jetzt eine ICH-AG, indem sie klassische Thai-Massagen anbietet

Die Babelsbergerin Barbara Waretzky flog nach Thailand und gründet jetzt eine ICH-AG, indem sie klassische Thai-Massagen anbietet Von Karsten Sawalski Um es gleich vorweg zu nehmen: Wer bei „Thai-Massage“ an Nachtleben, leichtbekleidete Damen und nackte Haut denkt, befindet sich gewaltig auf dem Holzweg. Die traditionelle Thai-Massage wird nicht auf der Haut, sondern über der Kleidung ausgeführt. Mit Erotik oder gar bezahltem Sex hat das nichts zu tun! Es handelt sich vielmehr um eine Heilmethode, dessen ursprüngliches Wissen vor 2500 Jahren in Indien entwickelt wurde. Erst im 2. bis 3. Jahrhundert nach Christus gelangte die Behandlung zur Stärkung der Gesundheit und zur Anregung der körpereigenen Abwehrkräfte nach Thailand. Aus dem Wat Po, einem Tempel in Bangkok, bringt Barbara Waretzky das Wissen um die klassische Thai-Massage nun nach Babelsberg. Ab Anfang Januar 2004 wird sie hier Fuß- und Körpermassagen anbieten. Das Wichtigste ist das Know-How Noch sieht das Zimmer in der Wohnung an der Daimlerstraße gutbürgerlich-deutsch aus: Ein schwerer Holschrank und gemütliche Polstersessel beherrschen den Raum, an den Wänden hängen Gemälde mit brandenburgischen Landschaften. „Das wird sich bald ändern, hier bleibt kein Stein auf dem anderen“, sagt die 54-jährige Babelsbergerin in ihrer ruhigen Art, in der doch etwas Resolutes mit schwebt. Der Hauswirt sei von ihrer Idee begeistert, sagt Waretzky. Das kleinere Zimmer, das nur vorläufig als Behandlungsraum dient, soll im nächsten Jahr zu einer Wellness-Oase mit asiatischem Ambiente erweitert werden. „Für mein Vorhaben brauche ich keine große Investitionssumme, das Wichtigste ist das Know-How“, sagt die ICH-AGlerin im Rückblick auf die dreiwöchigen Thailand-Reise. „Urlaub war das nicht gerade“, sagt Barbara Waretzky, „ich habe nur Bangkok gesehen und war täglich von morgens bis abends beim Lehrgang“. Erholt sieht sie trotzdem aus und mit etwas Bambus und einigen Palmen wird sie die brandenburgische Novembertristesse, die von draußen durch das Wohnzimmerfenster dringt, bald vertrieben haben. Die drei Zertifikate der Wat Po Traditional Medical School stehen schon eingerahmt bereit. In einem weiteren Bilderrahmen werden die Gäste einen älteren Mann im Schneidersitz entspannt lächeln sehen. Es handelt sich dabei um den Begründer der traditionellen Thai-Massage, den nordindischen Arzt Jivaka Kumar Bhaccha. Der soll ein Freund Buddhas und der Leibarzt des Magadha-Königs Bimbisara gewesen sein. Bhaccas Lehre, die bis ins 17. Jahrhundert nur mündlich überliefert wurde, geht davon aus, dass der Mensch neben seinem sichtbaren Körper noch einen unsichtbaren Energiekörper besitzt, welcher von Energielinien durchzogen ist. Müdigkeit, Angespanntheit und Unwohlsein sind demnach Körper eigene Reaktionen auf ein gestörtes Energiegleichgewicht oder auf Energiestaus. Wie man auf so eine Idee kommt Die thailändische Fußreflexzonenmassage wirke deshalb so ganzheitlich entspannend, erklärt die Babelsbergerin Barbara Waretzky, weil nicht nur – wie sonst üblich – die Reflexzonenpunkte der Füße gedrückt werden, sondern vielmehr auch Energielinien und Muskeln bis zu den Knien mit Daumen, Fingern, Handballen und Knöcheln bearbeitet werden. Waretzky hat während der Lehrgänge nicht nur selbst Hand anlegen dürfen, sondern wurde auch massagemäßig bearbeitet. „Manche Teilnehmer waren nicht gerade sensibel und ich hatte einige blaue Flecken“, erzählt sie und zieht die Lehre für ihre eigene Arbeit daraus: „So kann man das in Deutschland nicht machen!“. Wie kam die Babelsbergerin überhaupt auf diese ungewöhnliche Existenzgründeridee? „Ich war schon eine Weile arbeitslos und wollte mich selbstständig machen“, erklärt die Existenzgründerin, die zu DDR-Zeiten als Diplom-Ingenieurin für den wissenschaftlichen Gerätebau in Teltow arbeitete, „die Freundin eines Bekannten, die aus Thailand stammt, erzählte von dem Zertifikat“. Waretzky, die selbst ein großes Interesse an Gesundheitsthemen hat, sah darin ihre Chance, dem ewigen Wechsel von Jobs und Weiterbildungen zu entrinnen. „Mir fällt es auch zunehmend schwerer, mich unterzuordnen“, gibt die 54-Jährige zu. Waretzky erkundigte sich beim Thailändischen Fremdenverkehrsamt in Frankfurt am Main und bekam die Adressen der Massage-Schulen in Thailand zugeschickt. Gleichzeitig besuchte sie ein Existenzgründerseminar der Brandenburgischen Instituts GmbH für Aus- und Weiterbildung von Zielgruppen (BIAW). „Das war zwar sehr interessant, aber mein Vorhaben war so speziell, dass ich da nur alleine weiter kam“, erzählt sie. Die Babelsbergerin buchte mutig Hin- und Rückflug für Bangkok und erkundigte sich vor Ort nach der Schule. Mit einem Taxifahrer, die unkundige Touristen auf ihren dreirädrigen so genannten Tuk-Tuks normalerweise gleich zum nächsten Souvenir-Shop fahren, einigte sie sich auf eine Tour, direkt zum Wat Po. „Ich hatte richtig Glück“, sagt Waretzky, „ich konnte gleich am nächsten Tag anfangen“. Der Unterricht wurde vom thailändischen Lehrer in englischer Sprache gehalten. Die achtköpfige „Schulklasse“ war international. „Wir waren zwei Amerikaner, eine Schweizerin, ein Chinese, eine Japanerin und ich als Deutsche“. Morgens wurde der Lehrgang mit einem buddhistischen Gebet begonnen. Aber auch das war keine Hürde für die tolerante Potsdamerin. „Ich habe mich dazu gesetzt und bin in mich gegangen“. Mit den medizinischen Massagen, für die sie auch ein Zertifikat besitzt, will Barbara Waretzky erst später beginnen. „Das muss ich erst im Bekanntenkreis ausprobieren und dabei eigene Erfahrungen sammeln“, sagt sie. Ihre Zielgruppe seien gestresste Menschen, „die sich für eine Stunde entspannen möchten“. Die Fußmassage sei besonders wirksam, weiß sie aus eigener Erfahrung und den Leuten zu empfehlen, die den ganzen Tag auf den Beinen sind. „Bisher waren alle, denen ich von meinem Vorhaben erzählte, begeistert und zeigten sich sehr interessiert“, sagt die Existenzgründerin zuversichtlich. Probleme sieht sie nur in den allgemeinen Rahmenbedingungen: „Es ist eine Dienstleistung, die etwas kostet und den Menschen sitzt das Geld im Moment nicht sehr locker“, befürchtet Waretzky.

Karsten Sawalski

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