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ATLAS: Verdient

Da wird sich gestern so mancher die Augen gerieben haben: Wie, der Kaminski soll sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen? War das nicht der, der als Baustadtrat mit seinem nassforschen Wesen in den 90er Jahren den eigentlichen Oberbürgermeister mimte und sich dabei so viele Feinde machte?

Da wird sich gestern so mancher die Augen gerieben haben: Wie, der Kaminski soll sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen? War das nicht der, der als Baustadtrat mit seinem nassforschen Wesen in den 90er Jahren den eigentlichen Oberbürgermeister mimte und sich dabei so viele Feinde machte? Der zusammen mit dem Stadtoberhaupt an der Potsdam-Center-Krise scheiterte und dann wegen des Verdachts einer Vorteilsnahme abgewählt wurde. Und doch: Es war richtig, Detlef Kaminski mit dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Potsdam ein Denkmal zu setzen. Schließlich haben wir es ihm – und natürlich vielen anderen – zu verdanken, dass es zur Wende in Potsdam kam. Mit unglaublichem Mut und Starrsinn legte er sich mit dem dahinsiechenden, aber gefährlichen SED-System zu einer Zeit an, als die meisten in dieser Stadt – trotz aller Frustration – noch nicht einmal wagten, an ein Ende des DDR-Staates zu denken. Detlef Kaminski, Reinhard Meinel und der leider verstorbene Rudolf Tschäpe zwangen die SED-Stadtführung im Herbst 1989 im Stadthaus zum Dialog – der Autor dieser Zeilen war Augenzeuge. Kaminski war immer unangepasst – so auch gestern beim Neujahrsempfang. Nach seiner Ehrung ging er einfach ans Mikrofon, um auch all den Wende-Gefährten zu danken, die gestern nicht geehrt wurden, denn der Platz auf der Bühne hätte nicht gereicht. Oberbürgermeister Jann Jakobs verkündete daraufhin, weiteren mutigen Potsdamern jener Zeit den Eintrag ins Goldene Buch der Stadt zu ermöglichen. Es gab viel Beifall. Kaminskis Verdienst.

Michael Erbach

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