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Landeshauptstadt: „Verhandlungsmasse“ Agent

Der Potsdamer Historiker Michael Lemke über Spionage im Kalten Krieg

Der Potsdamer Historiker Michael Lemke über Spionage im Kalten Krieg Die gegenseitige Spionage in Ost und West während des Kalten Krieges war längst nicht so bedeutsam, wie sie in Büchern und Filmen über die Zeit dargestellt wird. Diese These vertreten viele Geschichtswissenschaftler, auch Professor Michael Lemke vom Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung. Er betreut dort das Projekt „Berlin-Brandenburg im Ost-West-Konflikt“. Die Agenten in Ost und West seien laut Lemke oft ganz normale Leute gewesen. Die Motivation zur Spionage kam durch Überzeugung, manchmal auch aus Liebe oder wegen Erpressung – oder über Bezahlung. Die Agenten wurden für alle Arten der Spionage eingesetzt: in der Industrie, beim Militär, in Regierungsstellen. „Beide Seiten wussten, dass sie ausspioniert werden, haben dem aber vor allem ab den 70ern nicht mehr so viel Bedeutung zugemessen.“ Spionage an sich sei, so Michael Lemke, in Kriegszeiten eben wesentlich wichtiger als in Jahren des Friedens. So misst der Geschichtsforscher der Wirkung der Spionage wenig Bedeutung bei: „Die Ost-Agenten konnten durch ihre Arbeit den Zerfall des Ostblocks nicht einmal im Ansatz stoppen.“ Vor diesem Hintergrund seien die enttarnten Spione in Ost und West inoffiziell auch nicht als Politikum gewertet worden. „Beide Seiten versuchten die Sache möglichst klein zu kochen“, sagt der Historiker. So sei es zwar zu symbolischen Verurteilungen gekommen, jedoch nur, um dann in der nichtöffentlichen Realität „mehr Verhandlungsmasse“ für die Gespräche zwischen den Systemen zu besitzen. „Im Prinzip wirkten Agentenaustausch-Aktionen etwa an der Glienicke Brücke als vertrauensbildende Maßnahme zwischen den Blöcken ab der Zeit der Entspannung in den 60er Jahren - sie waren damit ein unausgesprochenes Vertragssystem im Kalten Krieg.“ H. Kramer

H. Kramer

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