zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Verheiratet mit einem Garde-Ulanen Zum 100. Geburtstag: Wie Emma Freudenreich das Jahrhundert erlebte

In ihrem Leben ist vieles anders gekommen, als sie geplant hat. Emma Freudenreich wuchs in dem Ackerbauerstädtchen Wehausen zwischen Wittenberge und Magdeburg auf.

In ihrem Leben ist vieles anders gekommen, als sie geplant hat. Emma Freudenreich wuchs in dem Ackerbauerstädtchen Wehausen zwischen Wittenberge und Magdeburg auf. Kaum erwachsen ging sie nach dem Ersten Weltkrieg nach Perleberg, um eine Haushaltslehre zu machen, das war damals so üblich. Dort verliebte sie sich in ihren ersten Mann, einen Garde-Ulanen-Soldaten aus Potsdam, der dort stationiert war. Mit 18 heiratete sie ihn. „Sie haben eine sehr glückliche Ehe geführt“, erinnert sich die Tochter Käthe Geck gestern am 100. Geburtstag ihrer Mutter. Sie selbst ist 75 Jahre alt und wohnt in Berlin-Lichterfelde. Lange hat sie die Mutter zu Hause gepflegt. Nun lebt Emma Freudenreich im Hasenheyer-Stift in Potsdam. Die Tochter erzählt die Lebensgeschichte der Jubilarin – an Stelle der Mutter. „Sie ist geistig nicht mehr ganz so fit, sie hat Demenz“, sagt die Tochter, „aber sie sieht noch gut aus, man würde sie auf 80 schätzen.“ Eigentlich wollte die Mutter nie nach Berlin ziehen, erzählt die Tochter. Aber in den 20er Jahren, als die Arbeit rar war, fand der Vater dort eine Stelle als Feuerwehrmann, er wurde Beamter. Ein Sohn wurde geboren, dann die Tochter. Die Familie lebte ein einfaches und trotzdem sehr glückliches Leben, erinnert sich die Tochter. Die Mutter sei liebevoll gewesen, der Vater habe nur für die Familie gelebt. Die Tante wohnte in Potsdam, in der Jägerstraße. Nicht selten wurden die Kinder dort zum Babysitten vorbeigebracht. In den Kriegsjahren überschlugen sich die Schicksalsschläge. 1943 verunglückte der Vater bei einem Luftangriff. Mutter und Kinder flüchteten nach Wehausen. Hier erlebten sie die schlechten Zeiten relativ behütet. Doch nur kurz, Wehhausen lag in der Sowjetischen Besatzungszone und wurde DDR. Erneut packten sie ihre Sachen und flüchteten zurück nach Berlin. Die Mutter traf auf einen Kollegen ihres Mannes, der seine Frau verloren hatte, und heiratete ein zweites Mal. Zwanzig Jahre blieben ihr noch mit ihm. 1969 verstarb er. Der Sohn wanderte in den 60er Jahren nach Afrika aus. Inzwischen ist er 80 Jahre alt und selbst Großvater. Ihre Mutter sei eine sehr fürsorgliche Frau gewesen. In den Zeiten der Not hat sie ihr Schulbrot mit der Freundin geteilt, im Krieg und den Nachkriegswirren brachte sie für die Freunde und Verwandten in Berlin mit dem Zug Nahrungsmittel und Brennholz vom Land in die Stadt. „Wir saßen mit Knüppeln in der Hand im Waggon, um uns gegen Überfälle zu schützen“, erinnert sich die Tochter. Es sei eine gefährliche Zeit gewesen. Die Mutter habe es immer geschafft, aus wenig genug zu machen. Sie war sehr gläubig und dankbar für das, was ihr das Leben schenkte. Auch im Seniorenstift in Potsdam lebt sie ein zufriedenes Leben, ist die Tochter sicher. Marion Hartig

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false