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Landeshauptstadt: Wächter der Brücke

Hans-Dieter Behrendt war beim Austausch dabei

Hans-Dieter Behrendt war beim Austausch dabei Herr Behrendt, Sie waren beim Austausch am 11. Juni 1985 für die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort verantwortlich. Welche Maßnahmen mussten sie treffen? Als wir erfuhren, dass der Austausch stattfinden sollte, waren wir nicht sehr erfreut, denn die Brücke wurde zu diesem Zeitpunkt renoviert. Die Bauarbeiten begannen nach langem Hin und Her im April, nachdem sich Westberlin und die DDR-Regierung geeinigt hatten, dass der Westberliner Senat die Kosten für die Renovierung der Potsdamer Seite übernimmt. Die Westmächte bestanden darauf, dass die Sanierung unter laufendem Alliiertenverkehr stattfand. Denn die Brücke diente seit Kriegsende als Passage für die Militärverbindungsmissionen. Am Morgen des Austauschs mussten dann alle Bauarbeiter die Brücke verlassen. Wir haben an diesem Tag keine Personalverstärkung vorgenommen. Da waren nur ich, der diensthabende Passkontrolleur und ein Mitarbeiter, der fotografiert hat. Warum wurde denn für die insgesamt drei Agentenaustausche zwischen Ost und West ausgerechnet die Glienicker Brücke gewählt? Ich würde sagen, das wissen die Götter (lacht). Aber Scherz beiseite, genau weiß ich das auch nicht. Die Glienicker Brücke ist wegen des Alliiertenverkehrs für die Bevölkerung immer tabu gewesen. Keiner hat sich groß für sie interessiert. Die anderen Übergangsstellen in Potsdam wurden vom Reiseverkehr frequentiert. An der Brücke herrschte hingegen absolute Ruhe. Deshalb hat man wahrscheinlich trotz Bauarbeiten die Brücke als Austauschort gewählt. Wie sah denn für die Bediensteten der Passkontrolle generell der Arbeitsalltag an der Glienicker Brücke aus? Eigentlich war das ein harmloser Posten, denn da passierte relativ wenig. Die Brücke war in der Regel von nur einem DDR-Passkontrolleur besetzt. Die Sowjets waren ebenfalls mit einem Kontrollpunkt vertreten. Sie kontrollierten die Militärfahrzeuge der Alliierten, nahmen die Ausweise ab und machten die Registratur. Wir mussten nur die Fahrzeugnummer notieren und sie der zuständigen Dienststelle melden. Als dann am 1. Dezember 1985 der Diplomatenverkehr auf der Brücke zugelassen wurde, gab es durch die Prüfung der Reisedokumente etwas mehr zu tun. Aber Zollkontrollen durften wegen der Wahrungspflicht des Diplomatenstatus nicht vorgenommen werden. So hat man zum Beispiel notiert, wenn sich auf der Rückbank eines Westdiplomaten ein Fernseher befand. Was auf der Westseite passierte, konnte der Passkontrolleur wegen der Brückenwölbung gar nicht sehen. Später wurde deshalb eine Fernsehkamera installiert, um besser informiert zu sein. Sie haben ein Buch über die Geschichte der Glienicker Brücke geschrieben. Welche persönliche Bedeutung hat die Brücke für Sie? Die Glienicker Brücke lag mir schon immer am Herzen. Vor allem lag mir mit meinem Buch daran, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Denn Geschichten über die so genannte Agentenbrücke gibt es ja genug. Diese Brücke hat in der Welt eine besondere Symbolik erhalten. Das zeigte auch die Öffnung der Brücke am 10. November 1989. Die Leute kamen zielgerichtet zur Glienicker Brücke. Sie hätten auch mit dem Zug über Griebnitzsee nach Berlin fahren können, aber sie wollten ihren Fuß auf die Brücke setzen. Bis in jüngste Zeit nutzen offizielle Regierungsstellen die Aura dieses Ortes – wie etwa 1999 Bundeskanzler Gerhard Schröder und der damaliger Ministerpräsident Manfred Stolpe oder kürzlich Klaus Wowereit und Matthias Platzeck. Das Interview führte Tania Greiner

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