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Landeshauptstadt: „Wer Musik macht, lebt mit der Ungewissheit“

Eat No Fish gastieren auf ihrer allerletzten Tour morgen im Lindenpark: Sängerin Maria Koch spricht über die Tücken der Musikkarriere

Maria, ihr geht mit Eat No Fish auf eure letzte Tour, dann löst ihr euch auf. Ist die Entscheidung sehr schwer gefallen?

Natürlich war dieser Schritt unheimlich schwer. Aber wir haben früh alle zusammen in Hannover gelebt und Musik gemacht, inzwischen hat sich die Band mehr verstreut. Und dies funktioniert nicht mit dem Anspruch, den wir in Eat No Fish gesteckt haben. Die Band war uns rund zehn Jahre lang der wohl wichtigste Bestandteil des Lebens, so etwas lässt sich nicht einfach auf ein Hobby reduzieren. Das hat natürlich viel Herzschmerz gekostet, im Endeffekt freuen wir uns aber nun umso mehr auf die letzte Tour. Denn wenn wir gemeinsam proben, ist immer noch dieses tolle spezielle Gefühl da.

Ihr habt alle Höhen und Tiefen einer jungen Band erlebt, hattet bei dem Majorlabel Virgin ein erstes erfolgreiches Album, wurdet nach der zweiten CD abserviert und musstet Besetzungswechsel hinnehmen. Wie überlebt man solche Situationen?

Oh, eigentlich war dies nie das wirklich das Problem. Wer Musik macht, lebt mit der Ungewissheit. Natürlich war die Erfahrung mit Virgin bitter, weil wir für sie einfach zu wenig Platten verkauft hatten. Aber die Geschichte hatte auch gute Seiten. Denn danach halfen wir bei der Gründung eines Labels für solche Bands wie uns mit. Dort ging es längst nicht so unpersönlich wie bei dem großen Label zu. Eine Krise war es dennoch, gerade weil unser Gitarrist ausgestiegen war.

Wie habt ihr so einen tiefen Einschnitt gemeistert?

Da gibt es kein Patentrezept. Als wir uns aber damals letztendlich zum Weitermachen entschlossen hatten, hat dies einen echten Motivationsschub gebracht. Es soll ja Bands geben, die Streit untereinander zum Prinzip machen, um sich so kreative Energieschübe zu verschaffen, haha.

Noch einmal zu der Gründung des eigenen Labels: Welche Vor- und Nachteile hat so ein Modell?

Eigentlich gibt es keine Nachteile. Im Grunde ist es doch so: Semiprofessionelle Bands wie wir haben bei den großen Firmen keine echte Chance. Bei einem eigenen Label kann jede Band sicher sein, dass alle, auch das Marketing, intensiv für den Erfolg einer Platte arbeiten.

Aber ist das finanzielle Risiko für so ein Unternehmen nicht viel zu hoch?

Natürlich, klar. Aber Risiken muss jeder Mensch einmal eingehen.

Und nun, wenn ihr euch auflöst – was wird beispielsweise aus dir?

Natürlich fühle ich mich weiter als Musikerin, weil Töne einfach die beste Art für mich sind, unmissverständlich meine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Doch gleichzeitig bin ich nicht so gestrickt, dass ich zwanghaft ganz nach oben kommen muss. Besonders das Business ist eben gar nicht meine Sache. Zur Zeit studiere ich deswegen Sonderpädagogik, was richtig spannend ist. Und nebenbei kann ich nun ohne Druck Musik machen.

Doch wie fällt das Fazit für deine Zeit als professionelle Musikerin aus. Negativ?

Nein. Mit 19 kam ich in die Band, inzwischen bin ich 28. Damals war ich ein braves Mädchen, habe mich dann aber über und mit der Band weiter entwickelt. Dieser Reifeprozess fällt mir besonders auf, wenn ich die alten Texte lese.

Deine Antworten klingen dennoch so, als würdet ihr jungen Bands eher abraten, sich nach oben entwickeln zu wollen?!

Nein, keinesfalls. Wenn der Wille da ist, dann sollten Jugendliche sich etwas trauen – auch wenn die Eltern davon nicht begeistert sein sollten. Aber es darf bei so einer wichtigen Entscheidung kein Hintertürchen geben, weil sonst das ganze Projekt nicht ernsthaft genug betrieben wird und somit sofort zum Scheitern verurteilt ist. Ist dieser Weg als Musiker erst einmal klar, kann jeder sehr viel über sich selbst und den Umgang mit anderen Menschen lernen – und natürliche viele technisch-handwerkliche Abläufe, die nebenbei anfallen: Instrumente pflegen, Gagen eintreiben, solche Dinge.

Zum Ende zu eurem Gig in Potsdam. Ihr wart schon drei Mal hier. Welcher Auftritt davon ist euch in Erinnerung geblieben?

Definitiv das Konzert am 13. September 2001, also zwei Tage nach dem Anschlag auf das World Trade Center. Wir hatten vorher mit uns gerungen, ob wir auftreten. An dem Abend waren nur sehr wenige Leute im Lindenpark, dafür war die Stimmung umso intensiver. Ich denke, dass Menschen in Extremsituationen mit Musik zusammen rücken können.

Das Interview führte Henri Kramer

Für das morgige Konzert von EatNoFish ab 21 Uhr im Lindenpark (Stahnsdorfer Straße) verlosen wir 2x2 Freikarten. Sendet dazu bis morgen 12 Uhr eine Mail an potsdambinich@pnn.de und nennt uns darin den Namen der Sängerin der Band. Über die Gewinner entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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