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Landeshauptstadt: Wie ein Pop-Star begrüßt

Helmut Kohl beim Neujahrsempfang der CDU

Innenstadt - Trotz eines gebrochenen Armes ließ es sich Altbundeskanzler Helmut Kohl nicht nehmen, gestern zum Jahresempfang der märkischen CDU zu sprechen. „Ich bin viel im Lande herumgekommen und kenne Landesverbände, die vor Kraft strotzen“, bemerkte er gleich zu Beginn. Und er wisse, dass manche auf diejenigen herablassend blicken, die bei Wahlen nicht so erfolgreich sind. Wie eine Rüge wirkte das, denn die CDU Brandenburg hatte bei der letzten Landtagswahl mit 19,43 Prozent nur den dritten Platz hinter der PDS belegt.

Als Kohl den Nikolaisaal gegen 19.10 Uhr durch die Seitentür betrat, wurde er empfangen wie ein Popstar: minutenlanger Beifall, alle erhoben sich von den Plätzen. Katherina Reiche, Vizefraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag sagte zuvor gegenüber den PNN: „Wir hatten schon lange den Wunsch, Helmut Kohl hier zu haben, sein letzter Besuch liegt ja schon zwölf Jahre zurück.“ Reiche rührt damit einen wunden Punkt. 1994 sprach Kohl auf dem Luisenplatz, wollte seiner Partei im Landtagswahlkampf Schützenhilfe leisten. Obwohl abgeschirmt, drangen Sprechchöre und Pfiffe von Leuten aus den Reihen der Jungsozialisten und der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär zu ihm. Kohl reagierte temperamentvoll und die Polizei versuchte die Störer, die sich schreiend zu Boden warfen, vom Platz zu schaffen. Das Ruder bei den Landtagswahlen mit dem glücklosen Spitzenkandidaten Peter Wagner konnte der „Kanzler der Einheit“ nicht rumreißen: Am 11. September 1994 konnte die SPD stark zulegen, erreichte mit 54,14 Prozent sogar die absolute Mehrheit. Die märkische CDU kam auf 18,72 Prozent.

CDU-Landeschef Jörg Schönbohm fand warme Worte für den Altkanzler und Generalsekretär Sven Petke sprach gar vom „Jahrhundertkanzler“. 7000 Mitglieder habe der Landesverband, mit 700 Gästen habe er gerechnet, jetzt seien über zweitausend gekommen – viele Gäste mussten die Rede Kohls im Zelt verfolgen. Barbara Richstein, Ex Finanzministerin und stellvertretende Landesvorsitzende, suchte die anstürmenden Gäste, die zum Teil weit angereist waren, vor dem Eingang zu beruhigen. Ihr leuchtender orangefarbener Umhang wirkte wie ein Stoppschild. „Leider hat Potsdam keinen größeren Saal“, klagte sie

Kohls Worte klangen milde und väterlich, er sei schließlich „jenseits von Gut und Böse“. Besonders dankbar sei er, dass der Jahresempfang mit Musik von Mozart begonnen habe. „Das passt zu uns“. Doch ist er der alte Wahlkämpfer geblieben. In den ersten Sätzen seiner Rede erinnerte er an die Bundestagswahl im vorigen Jahr: „Wir haben diese Wahl verloren – wider Erwarten, aber wir geben nicht auf“. Günter Schenke

Günter Schenke

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