zum Hauptinhalt
Niklas Wanke, Vorsitzender des Tierschutzvereins Potsdam und Umgebung e.V..

© Andreas Klaer

DISKUSSION UM TIERHEIM: „Wir könnten uns auf dem Sago-Gelände schnell einrichten“

Tierschutzvereins-Chef Niklas Wanke über die Hoffnung, doch bald ein neues Tierheim in der Stadt zu bauen, und den richtigen Standort dafür

Herr Wanke, warum braucht Potsdam ein Tierheim?

Tierschutz ist Menschenschutz. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass nur, wenn wir den Menschen mit einbeziehen, wir den Tieren helfen können. Tierschutz geht zudem weit über Fund- und Verwahrtierbetreuung hinaus und ist seit einigen Jahren im Grundgesetz verankert. Damit wurde die Förderung des Tierschutzes zum Staatsziel erhoben und muss von allen Gesellschaftsteilen angestrebt werden. Diese Idee muss nun mit Leben erfüllt werden. Damit sich das ehrenamtliche Angebot der Potsdamer Tierschützer an ihre Stadt voll entfalten kann, ist ein Tierheim eine zwingend erforderliche Voraussetzung. Die jüngst öffentlich gewordene Infragestellung der Notwendigkeit eines Tierheims verwundert mich.

Aus welchem Grund?

Die Erkenntnis, dass Potsdam ein neues Tierheim braucht, ist so alt wie der Potsdamer Tierschutzverein. Die Diskussion wird bereits seit 14 Jahren geführt und der Ruf danach ist seitdem immer lauter geworden. Die große Mehrheit der Potsdamer unterstützt die Tierheimpläne des TSV und unterstützt ihn in seinem Bestreben nach einem eigenen Tierheim. Im letzten Bürgerhaushalt landete der Wunsch nach einem Tierheim in Potsdam sogar weit vor dem Schwimmbadwunsch. In vielen Fragen, die die Potsdamer bewegen, werden mit dem nötigen politische Willen Lösungswege gefunden. In der Tierheimfrage besteht aber noch eindeutig Nachholbedarf.

Wie ist es denn um den Tierschutz in Potsdam bestellt?

Seit Schließung des Tierheims arbeitet der TSV unter äußerst erschwerten Bedingungen, Platzmangel und zu geringe Anerkennung seitens der Politik sind unsere größten Sorgen. Dennoch leisten die vielen ehrenamtliche Vereinsmitglieder Großartiges und verhindern eine Vielzahl von Tragödien. Sie helfen allen Potsdamern – sowohl dem solventen Mietshausbesitzer, wenn beispielsweise auf dem Dach seines Hauses eine Ente brütet, als auch dem Obdachlosen, wenn sein Hund medizinische Versorgung benötigt, oder bei einer Scheidung das Haustier das Nachsehen hat, wenn beide wieder voll arbeiten müssen.

Die Betreuung der Fund- und Verwahrtiere hat die Stadt zuletzt an das Pfötchenhotel in Beelitz vergeben. Nun wird die Aufgabe wieder neu ausgeschrieben. Wie beurteilen Sie diese Lösung?

Die Unterbringung in so großer Entfernung war von Anfang an für die Tiere eine große Belastung, auch für das Ordnungsamt und die Eigentümer der Tiere. Auch die Bürger, die vielleicht ein Tier zu sich nehmen würden, hemmt die lange Fahrt nach Beelitz. Die Tiere könnten mit einem Tierheim in Potsdam schneller vermittelt werden, was sogar die Kosten senken könnte.

Sie sehen das also als problematisch an. Welche Konsequenzen hat das für den Tierschutzverein?

Wir beteiligen uns an der aktuellen Fundtierausschreibung. Wir haben eine Lösung erarbeitet, die viele Vorteile für die Potsdamer Bürger bietet, insbesondere wesentlich kürzere Wege beinhaltet. Für uns ist die Tierbetreuung eine Herzensangelegenheit, unabhängig vom Tierheim oder einem Gewinn.

Die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger sagte kürzlich, dass nicht vor dem Jahr 2015 mit einem neuen Tierheim zu rechnen sei. Was halten Sie davon?

Wir sind optimistisch, dass wir uns auf dem Sago-Gelände an der Michendorfer Chaussee schnell einrichten können, wenn es zu einer Einigung mit der Stadt kommt. Vielleicht betreuen wir dann ja bereits auch wieder die Potsdamer Fundtiere. So gesehen könnten vielleicht schon Ende 2013, Anfang 2014 die ersten Tiere auf das Sago-Gelände ziehen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Frau Müller-Preinesberger? In der Vergangenheit gab es auch Konflikte.

Ich habe schon zu Beginn meiner ersten Amtszeit die kompetente und professionelle Arbeit von Frau Müller-Preinesberger geschätzt. Daran hat sich bis heute, dem Beginn meiner dritten Amtszeit, nichts geändert. Es ist normal, dass zwischen den Beteiligten unterschiedliche Auffassungen über Tierschutz herrschen. Ich gehe davon aus, dass alle eine sachliche Lösung anstreben.

Bei der Suche nach einem Platz für ein neues Tierheim in der Stadt waren bereits Standorte in Eiche und Fahrland im Gespräch. Nunmehr ist das Sago-Gelände der Favorit. Ein Grundstück, über das die Stadtverwaltung schon 2006 mit dem Tierschutzverein gesprochen hat. Was zeichnet diesen Standort für Sie aus?

Er ist perfekt für Mensch und Tier. Es stimmt uns hoffnungsvoll, dass wieder zu diesem Grundstück zurückgefunden wurde. Wir sehen keinen einzigen Nachteil gegenüber den anderen Standorten. Die Lage und gute Erreichbarkeit für die Potsdamer wird sich für den Bau und die Entwicklung des Tierheims äußerst förderlich auswirken. Mit der Unterstützung der Potsdamer und den Tierfreunden der Region wird es dem TSV gelingen, der Stadt ein würdiges Tierheim zu bieten, in dem die Tiere zur Ruhe kommen können und wieder erfahren, dass es auch Menschen gibt, die es gut mit ihnen meinen.

An anderen Standorten gab es Protest gegen Tierheimpläne. Rechnen Sie auch für das Sago-Gelände damit?

Ja und Nein. Es wäre unrealistisch, diese Möglichkeit auszuschließen. Jedoch hoffen wir aufgrund der Lage des Grundstücks – Entfernung, Wald und Topografie sprechen für eine Nutzung –, dass man uns hier eine Chance gibt. Wir sind mit Interessierten aus Wilhelmshorst im Gespräch. Ihren Anspruch auf Nachtruhe und möglichst geringe Störung, auch über das gesetzliche Maß hinaus, respektieren wir. Wir wissen um die Vorbelastung durch Bahn-, Auto- und vielleicht ja auch bald Flugverkehr. Natürlich haben wir unsere Pläne bereits auf diesen Umstand ausgerichtet. Wir werden unsere Pläne wo nötig noch verfeinern. Es gab sehr viel Verständnis aus den Reihen unserer Gesprächpartner für unsere Situation, sogar Hilfsangebote. Je ruhiger das Tierheim wird, desto wohler fühlen sich auch die Tiere.

Für Kauf und Erschließung hat die Stadtverwaltung Kosten von bis zu 673 000 Euro in den Raum gestellt. Kann sich der Tierschutzverein das leisten?

Diese, ich nenne sie mal Einstiegskonditionen, sind für uns allein nicht zu schultern. Gleich nach unserem Angebot, das Tierheim auf eigene Kosten zu bauen, haben wir allen Parteien offengelegt, über welche finanziellen Möglichkeiten der Verein verfügt. Wir hoffen, dass sich die Signale seitens der Politik für die von uns vorgeschlagene millionenschwere Entlastung des Potsdamer Haushalts noch weiter verstärken werden. Beispiele anderer Tierheime im Land Brandenburg zeigen, dass selbst kleinere und weniger solvente Vereine nach einer Anschubhilfe beim Grundstück in der Lage waren, den Gemeinden die Baukosten für ein Tierheim zu ersparen.

An welche Höhe dachten Sie denn?

In Töplitz hatten wir vor anderthalb Jahren den Zuschlag vom Kreis für das Gelände des Kinderferiendorfs erhalten, um dort ein Tierheim für Potsdam und Umgebung aufzubauen. Das Areal ist etwas größer als das Sago-Gelände, erschlossen, bebaut und jüngst saniert. Wir hätten dafür 125 000 Euro aufbringen müssen, etwa ein Sechstel der Summe, die für das Sago-Gelände angeben ist. Leider scheiterte das Vorhaben in Töplitz letztendlich an der Ablehnung der politischen Vertreter. Die rund acht Hektar großen Grundstücke in Fahrland oder Eiche, die vormals in Potsdam mit im Rennen waren, wurden mit rund 40 000 Euro bewertet. Beide Größenordnungen könnten wir stemmen.

Das Interview führte Marco Zschieck

Niklas Wanke (48) ist seit dem 6. Juni 2006 Vorsitzender des Tierschutzvereins Potsdam und Umgebung e.V., der mit nach eigenen Angaben mehr als 1000 Mitgliedern der größte Verein der Stadt ist. Wanke wurde bereits zweimal wiedergewählt. Der gelernte Tischler besitzt selbst zwei Hunde und betreut drei weitere. Das Anliegen, in Potsdam ein Tierheim zu bauen, wird von einer Initiative um Susann Prinzessin von Preußen unterstützt. Sie hat zahlreiche prominente Unterstützer, so auch Modedesigner Wolfgang Joop.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false