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Kultur: ... und alle: „Yeeehawww!!“

„The Boss-Hoss“ gaben Tourauftakt im Lindenpark

Legenden spinnen, das können sie gut: Hoss Power, einsamer Cowboy im Yapaku Valley, versucht ein junges Kalb aus dem reißenden Fluss zu retten. Dabei gerät er selbst in Gefahr, wird aber vom zufällig vorbeireitenden Boss Burns aus den Fluten gezogen. Bei einer Portion gebratener Bohnen lernt man sich und die gemeinsame Liebe zur Musik kennen. Zusammen schreiben sie noch in dieser Nacht die Songs für das Debütalbum ihrer soeben gegründeten Band: „The BossHoss“.

So einfach ist das und genauso schnell schaffen es die Country-Rocker aus Berlin ein ganzes Land zu countryfizieren. „The BossHoss“ ist bald in aller Munde und das Debüt „Internashville Urban Hymns“ in unzähligen CD-Playern. Im Mai kommt der Nachfolger „Rodeo Radio“ in die Läden und Potsdam bekommt als Auftakt der Tour einen ersten Live-Eindruck vom neuen Material. Die Pferde sind geparkt und ein ausverkaufter Lindenpark wartet auf die Helden der Berliner Prärie.

Als Support betreten aber zunächst die Dänen „The Alpine“ die Bühne. Leider in Deutschland noch relativ unbekannt legen sie drückenden Indie-Rock mit starkem Glam-Einfluss aufs Parkett. Die aktuelle Single „Trigger“ will dann vielleicht etwas zu fluffig ins Ohr gehen und verliert dadurch an Kraft und Eleganz. Ganz im Gegensatz zu „Mondays look the same“, einer stampfenden Mid-Tempo-Nummer, die es sich in der 80er Jahre- Disko kuschelig gemacht hat. Dazu quietscht Sänger Peter Boesen munter auf seinem Synthesizer und Bassist Bjarke Monrad versucht eifrig, aber völlig erfolglos das Potsdamer Publikum zum Mitklatschen zu animieren. Der nur höfliche Applaus lässt die Meinung im Publikum erahnen: „Jungs, ihr seid ok, aber könnt ihr nicht schauen, wo unsere Mannen von ,The BossHoss“ bleiben?!“

Modische Details heben die wahren Fans heraus. Das gute alte weiße Unterhemd erlebt eine unverhoffte Renaissance, wobei die stilechte Variante einige undefinierbare Flecken aufweisen muss. Dazu eine riesige Sonnenbrille, Cowboyhut, Kippe, Bier: fertig ist der Wild-West-Held des 21. Jahrhunderts. Ganz wichtig natürlich auch die saubere Intonation des akustischen „The BossHoss“-Markenzeichens: Dutzende „Yeeeehaaawws“ füllen die stickige Luft bevor auch nur ein einziger Spitzstiefel die Bühne betritt. Dann sind sie auf einmal alle versammelt: Boss, Hoss, Frank, Hank, Guss, Russ und Ernesto. Mit fast tadellosem Südstaaten-Akzent erhalten sie die Farce aufrecht. Sie begrüßen ihre Fans aus Potsdam, Texas und Mississippi-Berlin und schrammeln sich mit ihrer Version des Elvis-Songs „A little less conversation“ warm. Dann tragen die „glorreichen Sieben“ fast das gesamte erste Album zusammen: „Hey Joe“ von Hendrix, „Sabotage“ von den Beastie Boys, „Hot in Herre“ von Nelly – ob Hip Hop oder Rock, kein Song entkommt der Country-Mühle der Berliner. Hank und Russ liefern sich erbitterte Duelle, Mundharmonika versus E-Gitarre, während Russ seinen riesigen Kontrabass zupft. Daumen und Zeigefinger werden für Salutschüsse nach oben gereckt. Die Fans haben sichtlich und hörbar Spaß an den tanzbaren Interpretationen.

Für Variationen bietet der schmale Treck auf dem „The BossHoss“ durch die Musikwelt leider wenig Platz. Live fällt das zum Glück nicht so auf, wie beim Anhören der CD. Christoph Henkel

Christoph Henkel

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