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Kultur: Als Zugabe ein Sennhütten-Psalm

Internationaler Orgelsommer: Olivier Eisenmann in der Erlöserkirche

Internationaler Orgelsommer: Olivier Eisenmann in der Erlöserkirche Auch ganz weit weg besaß Preußen einige Besitztümer. Beispielsweise im Südwesten, in der Schweiz, die Herrschaft Neuchatel (Neuenburg). Dort hatte von 1707 bis 1848 der jeweilige Preußen-Monarch als Fürst von Neuchatel das Sagen. Dort wird wesentlich später Samuel Ducommun (1914-1987) geboren, ein komponierender Organist. Den hierzulande weithin unbekannten Tonsetzer vorzustellen ist Anliegen von Olivier Eisenmann aus Potsdams Partnerstadt Luzern, der mit seinem Auftritt in der Erlöserkirche dem Internationalen Orgelsommer eine schweizerische Note gibt. Den helvetischen Gruß gen Preußen richtet er mit Ducommuns neutönerischen „Variations sur une basse de Francois Nadler“ (1984) aus. Dafür zieht er der Schuke-Orgel auch ihre frankophonen Zungenstimmen („Pastorale“-Variation). Der Choral tönt im „Vox humana“-Register, der „Basse de trompette“-Abschnitt natürlich in der achtfüßigen Trompete, andere Verwandlungen im Terzregister in Tenorlage. Geradezu hüpfend eilt (im Diskant) das Scherzo vorüber, scharf getönt die finale Toccata. Eisenmann versteht mit der Orgel umzugehen. Von Hause aus ist er, der bei seinem Komponisten-Vater Klavierunterricht erhielt, dann an der Universität seiner Geburtsstadt Zürich zum Dr. phil. promovierte, und nebenher eine Orgelausbildung absolvierte, ein Konzertorganist, der keine Karriere im Kirchendienst absolviert hat. Liturgisches Orgelspiel ist seine Sache nicht, dafür lebt seine abwechslungsreiche Zusammenstellung von konzertanten Stücken und ihren Kontrasten. Die Hommage an Heimat und Vater Will Eisenmann (1906-1992) gerät mit dessen gemäßigt moderner Fantasie I op. 45 (1948) sehr reizvoll. Gedeckte Farben und originelle Mixturen mit Zungenstimmen wollen sicherlich den friedenserhaltenden Zeitgeist ausdrücken. Für die spätromantisch-moderne Klangsprache steht noch das „Rondo alla Campanella“ von Sigfrid Karg-Elert (1877-1933) auf dem Programm, das geradezu orgelsinfonische Ausmaße annimmt und weitgehend in schriller Rhetorik erklingt. Doch die Reise durch diverse Stilepochen, wofür die Schuke-Orgel gut gerüstet ist, beginnt im Barock. Brillant funkelt die konzertante Einleitung von Dietrich Buxtehudes g-Moll-Präludium, ehe der Organist den Geist der norddeutschen Orgelschule glanzvoll in hellklingenden Registern erstehen lässt. Erhaben breitet es seine Architektur aus. Ebenfalls klar im Klang, aber eher scharf getönt erklingt Bachs Fuga sopra Magnificat BWV 733 in gradliniger Ausdeutung und einheitlicher Registrierung. Das weiche Gegenstück liefert Felix Mendelssohn Bartholdy mit seinem romantisch-liedhaften „Andante mit Variationen“ D-Dur. Liebliche Zungenstimmen und schlichter Vortrag sind der Piece angemessen. Durch schrittweise hinzugezogene Register gewinnt es sich Fülle und Rundung. Sehr farbig, mit schnarrendem Trompetengeschmetter nicht sparend, spielt Olivier Eisenmann „Drei Tonstücke“ op. 22 von Niels Wilhelm Gade (1817-1890), dabei auf brillanten Klang bedacht. Zu einer kurzweiligen Petitesse gestaltet er schließlich die Improvisation op. 150 Nr. 7 von Camille Saint-Saens (1835-1921), ein kapriziös bis grotesk sich gebendes Allegro giocoso in a-Moll. Für den reichen Beifall nach seiner stilistisch und regional so unterschiedlichen Orgelreise dankt der Künstler mit dem verinnerlichten Sennhütten-Psalm des Schweden Oskar Lindberg.Peter Buske

Peter Buske

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