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Kultur: Andante depressiva oder jenseits guten Geschmacks „Da müssen wir durch“ mit dem GSG–Trio

Tja, da musste man am Freitag wohl durch, bei diesem „Melodramatischen Sommer-Theater“. Alle: Gertrud Protzmann (Barbara Kuster), Titus von Thresen (Gisbert Terhorst) und Herr Schultheiß (Andy Schulte, die „Tastenfachkraft am E-Piano“) von der „GSG Kultureinheit Babelsberg Nord“ genauso wie das Publikum.

Tja, da musste man am Freitag wohl durch, bei diesem „Melodramatischen Sommer-Theater“. Alle: Gertrud Protzmann (Barbara Kuster), Titus von Thresen (Gisbert Terhorst) und Herr Schultheiß (Andy Schulte, die „Tastenfachkraft am E-Piano“) von der „GSG Kultureinheit Babelsberg Nord“ genauso wie das Publikum. Was blieb ihm denn anderes übrig bei der kostenlosen Voraufführung der so monströsen wie kryptischen Neuheit auf dem Theaterschiff? Zwar schnaufte man oft ob der müden, verkrampften Irre da oben in sich hinein, doch keiner floh vor dem Ende. Der Titel „Da müssen wir durch“, mehr Kabarett als Theater, verspricht ja vieles, doch das zivile GSG-Trio hielt fast nichts als Peinlichkeiten bereit. Man gab sich kampfesmutig, die deutsche Kultur nach Strich und Faden zu veröden, mithin kräftig Rade zu streuen, wie’s halt so kommt. Motto: Das Publikum ist noch nicht krank? „Das werden wir ändern!“. Solange das Spielvereinbarung bleibt, mag’s geschehen, was aber, wenn die Dummheit einfach nicht über die Rampe will? Technisch also ein Jammer: Kaum eine Pointe kam über hundert Minuten gut ins Parkett, der gesetzte Raum einer „ordentlichen deutschen Irrenanstalt“ wurde unerklärt mal nach innen, mal in den „Freigang“ verlegt, die Darstellerführung lief gegen Null. Kurz: Blasse Idee, miserable Gestaltung. Ob man da durch muss? Wohin sie wollten, war nur zu ahnen. Als Gisbert Terhorst sich eingangs so große Mühe gab, in wabernden Worten ein möglichst infantiles Bild von sich zu geben, dachte man an das „Marat“-Stück von Peter Weiß, wo die Insassen einer Irrenanstalt den Tod des Franzosen nachspielen. Ähnlich auch hier: Die beiden Herren waren der herrschsüchtigen Protzmann’ (Profil: Ein bisschen Goethe, ein bisschen Bonaparte) Objekt einer belehrenden Kultur-Dressur, meist im Andante depressiva. Freilich wurde bald klar, dass die Buchautoren (so vorhanden) alles auflasen, was gerade so im Wege lag, Europa-Wahlen und Islam, Weihnachtsbaum und Zauberlehrling. Keine Melange ist unmöglich, aber das wäre dann mit Wortwitz (vorhanden), Drehpunkten, Untertexten und anderen schauspielerischen Techniken auch darzustellen gewesen. Nix. Wie recht sie doch hatten: Man musste da durch, was mehr Krampf als Kampf war. Mal als Schattenbild hinterm Vorhang, mal auf der Bühne, wo Terhorst bei einer Persiflage auf die US-Kultur in Unterhosen und Zylinder peinlichst als Ober-Uranist chargierte, in der blöden „Zauberlehrling“-Nummer (das tat weh), bei der billig geleierten „Kleinen weißen Friedenstaube“ oder den peinlichen Szenen rund um den Weihnachtsbaum („aufhören, sonst werden euch die Oblaten gestrichen“) – man gab sich viel Mühe, das zu zeigen, was ein Publikum denken soll. Alles mit Hang zum Infantilen und mit grob gehobeltem Grimm auf deutsche Normalität, das Volkslied inklusive. Es wurde gesungen und getanzt, aufs Lächerlichste rezitiert und chargiert, bis die Planken ächzten. Sollte sich der ganze Abend jedoch auf den unerkannten Vierten im Parkett bezogen haben, auf die Puppe Brian aus Irland, welche man („Du bist mein Kreuz-Worträtsel“) letztlich ans Kreuz schlug, so wäre viel nicht gewonnen. Wer kennt diesen blasphemischen Film „Das Leben des Brian“ von „Monty Python“ noch? Was muss man also erklären, und was erklärte sich selbst? Die Wahrheit der Bühne hat es auf ihre Weise erledigt. Eindrucksvoll matt blieb der Beifall. Gerold Paul Nächste Vorstellungen 16. und 23. Juni, jeweils 20 Uhr, auf dem Theaterschiff.

Gerold Paul

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