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Kultur: Auch „Blechbüchse“ und Rechenzentrum erwähnt Architekturführer zu Potsdams historischer Mitte

Der Stadtwandel Verlag hat eine Verbeugung vor Potsdam gemacht. Konzentrierte er sich mit seinen Architekturführern bisher auf Berlin, widmete er das 50.

Der Stadtwandel Verlag hat eine Verbeugung vor Potsdam gemacht. Konzentrierte er sich mit seinen Architekturführern bisher auf Berlin, widmete er das 50., also das Jubiläumsbändchen,der historischen Mitte der alten Residenzstadt an der Havel. Diese touristischen Führer haben nicht nur den Vorteil, dass sie komprimiert Wissen vermitteln und in jede Jackentasche passen – sie hören auch nicht wie oft üblich im 19. Jahrhundert auf, sondern stellen ebenso wichtige Bauten der letzten Jahrzehnte vor. Bei der Buchpremiere im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte wies darauf Potsdams früherer Stadtbaudirektor Richard Röhrbein lobend hin. Nicht allein die friderizianische Epoche, auch die DDR-Zeit und die Jahre nach der Wende hätten die Architektur der Stadt stark geprägt. Also findet der Leser Angaben u.a. zu den DDR-Bauten Rechenzentrum und IfL/Bibliothek, zum Neubau der Industrie-und Handelskammer, zur als Theater genutzten „Blechbüchse“ oder zum Turm der Seniorenresidenz, die sich heute an der Stelle der Heiligengeistkirche erhebt. Dem Haupttext sind jeweils seitlich Informationen über Architekt, Bauherr und Bauzeit der Gebäude beigeben, ebenso werden die an der Baudenkmalsanierung nach der Wende beteiligten Unternehmen genannt. Ob man diese Angaben über die Architekturbüros und die Restauratoren hinaus bis zu den für den Brandschutz oder die Sanitäranlagen zuständigen Firmen treiben muss, sei dahin gestellt. Mit Wertungen der neuen Architektur hält sich Autor Nikolaus Bernau zurück. Das erscheint legitim für einen solchen Führer. In den wenigen Fällen, wo er davon abweicht, beginnen die Fragen. Ist das so genannte Reisebürohochhaus an der Ecke Friedrich-Ebert- und Yorckstraße wirklich „städtebaulich geschickt“ gesetzt, oder stellt es nicht eher mit seiner die Bürgerhausbebauung übersteigenden Höhe ein Hindernis für die Wiedergewinnung der „historischen Mitte“ dar? Bernau fasst diesen Begriff übrigens weiter als dies in den aktuellen Diskussionen über Stadtschloss und Garnisonkirche geschieht, bezieht die Stadterweiterungen des 18. Jahrhunderts ein und kommt so zu der Aussage, dass Potsdams Kern „trotz Kriegs-und Nachkriegszerstörungen immer noch eine der am besten bewahrten barocken Stadtanlagen Deutschlands zeigt“. Für ein wieder aufgebautes Stadtschloss kann er sich nur die Nutzung als Landtag vorstellen. Die inzwischen für solche Druckwerke üblichen kleinen Schlampereien und Ungenauigkeiten bleiben im Architekturführer Nr. 50 nicht aus. Die Bauzeit des 1907 an der Dortustraße entstandenen Rechnungshofes auf 1726 – 28 vorzuverlegen, ist sicher mangelndem Korrekturlesen geschuldet. Doch Bernau wärmt beispielsweise auch die längst widerlegte Mär auf, die Grenadiere des Soldatenkönigs hätten in den Dachstuben der Bürgerhäuser gewohnt. Von der Garnisonkirche wurde nur der Turm gesprengt, das Schiff war zuvor abgebrochen worden. Die Särge Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. wurden nicht 1945 von hier evakuiert, sondern schon zwei Jahre vorher. Den Wert des Büchleins für die Schnellinformation der Potsdam-Besucher schränken solche Fehlerchen allerdings kaum ein. E. Hoh

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