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Mit Blick auf die Teilung Koreas und die Spuren der Teilung Deutschlands gewähren 18 koreanische und internationale Künstler:innen ganz persönliche Einblicke in ihre Gefühls- und Erfahrungswelten.

© Andreas Klaer

Ausstellung „Utopia?!Peace“ in Potsdam: Was Deutschland mit Korea verbindet

In der Schiffbauergasse und im Park Babelsberg erinnern Künstler aus Korea und Deutschland daran, was die Teilung mit den Ländern gemacht hat – mit sehr persönlichen Einblicken.

Von Richard Rabensaat

Ein Stacheldrahtzaun steht vor dem Areal der Schiffbauergasse. Silber schimmernd ragen die spitzen Dornen auf der grünen Wiese in den Straßenraum. Die zehn Meter lange Installation des Künstlers Jooman Cha ist Teil der Ausstellung „Utopia?!Peace“, die in Potsdam im Kunstraum Waschhaus und im Park Babelsberg sowie in Berlin bei der Gedenkstätte Berliner Mauer stattfindet.

Am Sonntag eröffnet, zeigen internationale Künstlerinnen und Künstler ihre Sicht auf das in eine Nord- und eine Südhälfte geteilte Korea. Mitten durch die koreanische Halbinsel verläuft eine martialische Grenze. Sie gilt als am stärksten gesicherte Grenze der Welt. Die Parallele zur ehemaligen innerdeutschen Grenze ist nicht zu verkennen.

Der Stacheldrahtzaun des Künstlers erinnert an die koreanische Grenze, ist aber ein Fake. Die Dornen sind aus Plastik, die Drähte aus Gummiband. Der Künstler und Kurator Jooman Cha hebt zwei der Drähte an. „Du kannst hindurchgehen, wenn du nur daran glaubst“, so ungefähr der übersetzte Titel der Installation. Viele Lebensläufe und die Geschichten vieler Familien seien durch die politische Situation Koreas zerrissen, so Cha.

Eine Videoinstallation des Autors Jens Arndt und seines Teams vermittelt anschaulich ein Bild der Zerrissenheit des Landes. Sie dient vorwiegend didaktischen Zwecken und erläutert bekannte Fakten zum Konflikt zwischen Nord- und Südkorea: Da ist die faktisch seit 78 Jahren währende Trennung des Landes. Da ist der seit 73 Jahren andauernde Kriegszustand. Zwar sind die Kriegshandlungen, die 1950 begannen, 1953 gestoppt worden, doch einen Friedensvertrag gibt es nicht. Und da sind die Fernsehbilder des in Atomwaffen vernarrten nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un, der dem Süden regelmäßig mit Vernichtung droht und dessen Landsleute Hunger, Armut und Folter erleiden müssen.

Vision ohne Grenzen

Zwölf koreanische und sechs internationale Künstlerinnen und Künstler nehmen an der Ausstellung teil. Sie entfalten ihre Vision einer Welt ohne trennende Zäune und Grenzen, und zeigen ihre Beobachtungen der gegenwärtig getrennten politischen Sphären.

18 koreanische und internationale Künstler:innen geben ganz persönliche Einblicke in ihre Gefühls- und Erfahrungswelten.

© Andreas Klaer

Dass Wunden und Verletzungen auch geheilt werden können, versucht die Künstlerin Hyeonjeong Lee mit ihrer Performance „eine Linie malen“ anzudeuten. Spärlich bekleidet lässt sie sich von Besuchern schwarze und rote Striche auf den Körper malen, die sie anschließend mit einem weißen Tuch verwischt. Etwas verschwindet, ein Rest bleibt.

Interkulturelle Kunst biete eine Möglichkeit zu Reflexion und Dialog, erklärt Martina Weyrauch, Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung: „Kunst zeigt immer einen ganz individuellen Blick auf die Welt“. Ein an die Wand geheftetes und beschriftetes Tuch von Seungtaek Lee, dem dieser noch zwei Decken und einige Orden beigefügt hat, bestätigt das. Der 94 Jahre alte Künstler war Soldat. Die Decken hüllten ihn ein, während er verwundet war. Die Orden stammen aus dieser Zeit. Die Kunstinstallation wird zum Zeitdokument.

Mit gefundenem Material befasst sich auch der deutsche Künstler Günther Schaefer. Auf einer Platte hat er Schilder, Schriftzeichen und Steine aus der Zeit des deutschen Mauerfalls versammelt und fixiert so seinen persönlichen Eindruck von einem Moment, der nun knapp 34 Jahre zurückliegt.

Stasi-Methoden im Fokus

Einen Blick zurück auf die grausamen Methoden der Staatssicherheit der DDR wirft die französische Künstlerin Zabo Chabiland. Einige Jahre war sie Gastkünstlerin in einem Atelier nahe der Gedenkstätte Hohenschönhausen, die an den Stasi-Terror erinnert. Mit Röntgenstrahlen hat sie Fotos der rückwärtigen Ansichten von Personen gefertigt. Sie bezieht sich auf eine Erzählung über eine Prozedur der Stasi, mit der diese Identifikationsfotos der Inhaftierten herstellte.

Ihr sei erzählt worden, dass die Stasi sehr lange Fotositzungen abgehalten habe. Wozu die lange Dauer gedient habe, sei nicht klar. Die Geräusche und die Dauer der Sitzung hätten einer ärztlichen Röntgenbestrahlung geähnelt. Später seien einige der so „fotografierten“ Personen an ungewöhnlichen Krebsarten erkrankt. Hierauf beziehe sie sich mit ihren schattenhaft fotografierten Porträts. Bekannt ist der Fall des an Leukämie erkrankten und verstorbenen Schriftstellers Jürgen Fuchs. Der behauptete, er sei während seiner Staatssicherheitshaft Gammastrahlen ausgesetzt gewesen, was eine Untersuchung jedoch nicht bestätigte.

Ein Fenster in die Gegenwart öffnen möchte der Künstler und Kurator der Ausstellung, Frédéric Krauke. Aus einem leer stehenden Wachturm an der drei Kilometer breiten Grenzzone in Korea hat er einen Fensterrahmen nach Deutschland geschafft. Die darin befindlichen Scheiben sind mit einer nördlichen und einer südlichen Landschaft bemalt. „Damit will ich die beiden Landeshälften symbolisch wieder verbinden. Mein Traum ist es, den Rahmen als künstlerisches Geschenk wieder in das vereinigte Korea zurückzuschaffen“, so Krauke.

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