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„Verschneiter Birkenwald an einem Bachlauf“ heißt das Gemälde von 1891/1893, das jetzt dem Potsdam Museum gehört.

© Andreas Klaer,PNN,Tsp / Andreas Klaer

Für fast 140.000 Euro: Potsdam Museum kauft Bild von Karl Hagemeister

„Verschneiter Birkenwald an einem Bachlauf“ gilt als Schlüsselwerk im Schaffen des märkischen Impressionisten. Ab Sommer ist das Werk in der Stadt zu sehen.

Dieser Neuzugang ging mit einem Abschied einher. Der Tag, an dem Karl Hagemeisters „Verschneiter Birkenwald an einem Bachlauf“ im Potsdam Museum Einzug erhält, ist zugleich der letzte offizielle Termin der scheidenden Museumsleiterin Jutta Götzmann. In den Reden der Beteiligten ist das eine vom anderen nicht zu trennen. Götzmann habe hier, wie schon oft, „alles in die Waagschale geworfen“, sagt Kulturbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) eingangs, und der Dank, den sie der Museumsdirektorin dafür ausspricht, klingt grundsätzlich. Die zweite gute Nachricht vorweg: Ab Sommer soll der Neuling auch im Museum zu sehen sein.

Dass es gelungen ist, Hagemeisters Birkenwald für das Potsdam Museum zu erwerben, darf für das Stadtmuseum eindeutig als Coup gelten. Es ist ein Schlüsselwerk im Schaffen des märkischen Impressionisten, entstanden um 1891, kurz nach dessen Umzug nach Alt-Geltow. Ein außergewöhnliches Hochformat, das nach dem Vorbild französischer Impressionisten „in situ“ entstand, draußen in Eiseskälte. Es gibt ein historisches Foto, das das bezeugt. „Das Land ist still und lebt eigentlich nur von der Stimmung“, notiert Karl Hagemeister (1848-1933) damals.

Nur Berlin hat mehr Werke

Der „verschneite Birkenwald“ lässt diese Stille doppelt erlebbar werden. Es ist der Blick auf einen Bach im Unterholz, im Hintergrund einige Birken. Das frostige Licht eines Wintertages. Der Boden schneebedeckt. Man kann die Kälte spüren, die Stille förmlich hören. „Eine kühne Nahsicht“ nennt Jutta Götzmann das. Und sie betont, dass von den insgesamt 96 Hagemeister-Werken im Museum der Großteil vor 1945 erworben wurde. Das Gros davon sind Zeichnungen, dazu fünf große Pastelle und immerhin 15 Gemälde. Jedoch: Der letzte Hagemeister-Neuzugang ist ein halbes Jahrhundert her.

Prominente Unterstützung. Neben Potsdams Beigeordneter für Bildung, Kultur, Jugend und Sport, Noosha Aubel (l.) und Museumsleiterin Jutta Götzmann nahm auch Kulturministerin Manja Schüle (r.) an der Pressekonferenz teil.

© Andreas Klaer,PNN,Tsp / Andreas Klaer

„In den 1970er Jahren geriet Hagemeister in Vergessenheit“, sagt Hendrikje Warmt, die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Potsdam Museums ist, ein Werkverzeichnis zu Karl Hagemeister verfasst hat. Warmt war es, die im Sommer 2022 von der Versteigerung des Gemäldes erfahren hatte. Zuvor hatte es sich, wie der Großteil von Hagemeister-Werken, in Privathand befunden. Nur wenige Museen besitzen Hagemeister-Werke, so Warmt. Mit einer namhaften Ausnahme: Das Berliner Bröhan-Museum, das in den 1970er einige ankaufte, „antizyklisch“. Dort befindet sich die größte Hagemeister-Sammlung. Und die zweitgrößte? Im Potsdam Museum.

Insgesamt 138.600 Euro hat das Werk des Impressionisten gekostet, die Stadt Potsdam hätte das nicht finanzieren können. Also holte man sich drei finanzkräftigere Förderer ins Boot: Das Kulturministerium des Landes Brandenburg, die Kulturstiftung der Länder und die Ernst von Siemens Stiftung. Jeder trug ein Drittel des Preises bei. Ein Schulterschluss, der so nicht alle Tage vorkommt – das letzte Mal 2010, als die drei den Holzdruck erwarben, den der Expressionist Otto Mueller 1921 für den ersten Potsdamer Kunstsommer entworfen hatte.

Und nun Hagemeister, der Impressionist. Als Werderaner ist er der Region eng verbunden und klar auch ein Künstler von überregionalem Rang. Kulturministerin Manja Schüle (SPD) ließ es sich daher nicht nehmen, selbst beim Pressetermin dabei zu sein. Mit dem Erwerb des Gemäldes seien Potsdam und Brandenburg „um ein Kulturgut aus der Region mit nationaler Strahlkraft reicher“.

Ein Politikum

Und das Potsdam Museum um ein weiteres Argument für die seit vielen Jahren eingeforderte Erweiterung. „Die Kunstsammlung des Museums gilt es neu zu betrachten“, sagt Hagemeister-Expertin Hendrikje Warmt. „Mit einer weiteren Ausstellungsfläche im städtischen Raum könnte die zweitgrößte Hagemeister-Sammlung in Deutschland angemessen präsentiert und gewürdigt werden.“

Nicht nur diese Vision Warmts erwies sich als Politikum. Götzmann, deren Ausrichtung des Potsdam Museums in jüngerer Zeit durchaus kritisiert worden war und die Anfang März ihren neuen Posten als Leitende Direktorin der Städtischen Museen Freiburg antritt, zeigte mit der Präsentation des Hagemeister-Werkes auf den letzten Metern ihrer Amtszeit nochmal, wo ihre große Stärke lag: In einem überregionalen Netzwerk und hochwertigen Kunstausstellungen.

Eine war die Hagemeister-Schau 2020, mit 19.000 Besucher:innen trotz Pandemie die erfolgreichste Sonderausstellung, die das Museum je hatte. Damals war der Birkenwald als Leihgabe dabei. Die Schau war für Förderer wie Martin Hoernes von der Siemens Kunststiftung ein Hauptargument, um sich finanziell für den Neuerwerb stark zu machen. Solche Partner sind essenziell für finanziell mau aufgestellte Häuser wie das Potsdam Museum – und übrigens auch für die Museen in Freiburg. „Alles ist da etwas vergoldeter“, so Hoernes über Götzmanns künftige Wirkstätte. „Aber die brauchen uns genauso.“

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