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Das Poetenpack spielt erstmals am Neuen Palais: Cyrano verzaubert im Heckentheater

Cyrano de Bergerac hätte es fast nicht auf die Theaterbühne geschafft. Der Dichter Edmond Rostand wollte die für Ende Dezember 1897 vorgesehene Uraufführung in Paris zurückziehen.

Cyrano de Bergerac hätte es fast nicht auf die Theaterbühne geschafft. Der Dichter Edmond Rostand wollte die für Ende Dezember 1897 vorgesehene Uraufführung in Paris zurückziehen. Die Qualität des Stückes genügte ihm nicht mehr. Er hatte Angst vor einem Fiasko. Erst der Darsteller des Titelhelden konnte ihn überzeugen, die Komödie doch zu zeigen. Das Publikum fand großen Gefallen an der Geschichte um den mutigen Fechter, den brillanten Dichter mit der überlangen Nase. Dieser Nase wegen fühlt sich Cyrano de Bergerac minderwertig, vor allem Frauen gegenüber.

Der Instinkt des Schauspielers war übrigens richtig: Legionen von Schauspielern haben immer wieder den Cyrano mit Freude verkörpert, weil die Rolle viele Facetten schauspielerischen Könnens abverlangt.

Einer der aktuellen Cyrano-Darsteller ist Reiner Gabriel. Im romantischen Heckentheater am Neuen Palais kann er in der neuen Aufführung des Potsdamer Theaters Poetenpack überzeugen. Von komisch bis verzweifelt reicht sein Ausdrucksvermögen, von polternd-wütend bis vor Liebe dahinschmelzend. Gabriels Agilität nimmt sehr für sich ein. Er ist zu jeder Zeit präsent und konzentriert. Poetenpack-Chef Andreas Hueck hat die Regie übernommen und sich dabei ganz auf das Heckentheater aus der Zeit Friedrichs des Großen eingelassen, das von Theaterliebhabern noch entdeckt werden muss.

Erst vor vier Jahren wurde es nach einer Rekonstruktion wieder eröffnet. Die von Hainbuchenhecken umfasste Bühne, auf die jahrhundertealte Bäume wie treue Wächter blicken, ist ein guter Ort für das Theater. Natürlich halten Inszenierungen im Freilufttheater logistische und technische Herausforderungen bereit. Andreas Hueck und sein Team haben sich ihnen gestellt. Mit Erfolg. In dem flexiblen Bühnenbild von Janet Kirsten, mit den meist farblos wirkenden Kostümen von Caroline Sánchez – das Stück wird in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gelegt–, und der raumhaften Beleuchtung (Mitwirkung: Marco Groß) hat der Regisseur ein wunderbar leichtes Sommertheater mit Tiefgang geschaffen. Virtuos-drastische Mantel- und Degenszenen sind genauso zu erleben wie ein Blick in die Abgründe menschlicher Gefühle – mit geschmackvollen Liebesbekundungen, ironischen Brechungen und dem sentimental angehauchten, tragischen Ende.

Doch hier und da hätte Hueck den Rotstift mutiger anwenden sollen, um das Ganze nicht in die Länge zu ziehen. Dennoch: Die Schauspieler haben ein gutes Tempo, sodass die Spannung bei der Premiere bis zum Schluss hielt.

Die Darsteller, die in verschiedene Rollen schlüpfen müssen, warten weitgehend mit einem guten Niveau auf. Julia Borgmeier als die von Cyrano und Christian gleichzeitig geliebte Roxane spielt ihre Rolle klar und bestimmt, zum Ende hin auch mit einem feinen Schuss Sentiment. Benedict Badenius verkörpert den Christian, der sich die Liebesbriefe an Roxane von Cyrano schreiben lässt und dem Krieg zum Opfer fällt. Er betont mit starker Naivität den Liebhaber mit dem schlechten Gewissen. Mehr jugendlicher Schwung hätte seiner Darstellung jedoch gut getan. Gesungen wird ebenfalls, zumeist englischsprachige Titel und einen köstlichen Rap von Felix Isenbügel. Zum Ende gibt es in dem französischen Stück auch einen Chanson aus Frankreich zu hören, einprägsam und gefühlvoll von Andrea Seitz gesungen.

Rostands Klassiker entwickelt im Heckentheater durch die Inszenierung des Poetenpack einen faszinierenden Theaterzauber. Klaus Büstrin

Nächste Vorstellungen im Heckentheater Am Neuen Palais am 19., 20., 21. und 27., 28., 29. und 30. Juli, jeweils um 20 Uhr

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