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Kultur: Der Stolz der Sammet- und Seidenwirker

In „Königliche Visionen“: Die Innungslade barg die wichtigsten Besitztümer einer Handwerkergemeinschaft

In „Königliche Visionen“: Die Innungslade barg die wichtigsten Besitztümer einer Handwerkergemeinschaft Das Potsdam-Museum veranstaltet gegenwärtig im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte im Kutschstall die Ausstellung „königliche Visionen – Potsdam, eine Stadt in der Mitte Europas“. Dazu veröffentlichen wir eine Folge von Beiträgen, die herausragende Exponate beschreiben. Heute: Die Innungslade der Sammet- und Seidenwirker, 1743. Wie viel handwerkliches Geschick in einer Ausstellung steckt, wird an diesem Foto deutlich. Ohne die Fingerfertigkeiten von Restauratoren wäre fast keine Ausstellung zu machen. Damit ein Objekt in einer Schau präsentiert werden kann, sind oftmals nicht nur Schönheitsreparaturen, sondern aufwändige Instandsetzungen nötig. Nur so kann gewährleistet werden, dass ein Exponat auch unbeschadet die Strapazen einer Ausstellung übersteht. Was so vielleicht auf den ersten Blick wie Gerümpel für den Sperrmüll aussieht, entpuppt sich nach seiner Aufarbeitung als Kleinod frühneuzeitlichen Möbelhandwerks, wie diese nunmehr im neuen Glanz erstrahlende Innungslade der Sammet- und Seidenwirker in „Königliche Visionen“. Sie gehört zu dem Teil der Ausstellung, der sich mit den Anstrengungen Friedrich II. zur Förderung von Handwerk und Manufakturen auseinander setzt. Gleich vier Laden von Potsdamer Handwerksinnungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, eine nur als Fragment, sind zu sehen. An ihrer Ausstattung lässt sich ermessen, wie vermögend die jeweilige Innung gewesen ist. Denn die Innungslade barg die wichtigsten Besitztümer einer Handwerkerschaft: die Kasse, die Siegel und das Meisterbuch. Sie verkörperte somit zugleich den Stolz einer jeden Innung. Die Innung der Sammet- und Seidenwirker war in Potsdam eine sehr renommierte und finanzkräftige. Und somit war auch ihre Lade wertvoll gearbeitet, u.a. mit Elfenbein-Intarsien. Schon der Große Kurfürst versuchte mit der Anpflanzung von Maulbeerbäumen die Seidenspinnerei in Gang zu bringen. Doch erst sein Enkel, Friedrich Wilhelm I., holte aus der Schweiz Sammet- und Seidenwirker, vor allem aus Basel. Denn dort hatte man für dieses Kunsthandwerk bereits ein modernes KnowHow entwickelt, dass quantitativ und qualitativ neue Wege ging. König Friedrich Wilhelm I. brauchte Samt und Seide nicht nur für Tapeten und Stühle der Schlösser und für die Kleidung bei Hofe, sondern besonders für die Uniformen seiner Soldaten. Nun musste er nicht mehr die teuren Stoffe importieren, sondern konnte sie von begabten Handwerksmeistern, wie David Hirsch oder Isaak Bernhard in der eigenen Residenz anfertigen lassen. Insgesamt arbeiteten zu Mitte des 17. Jahrhunderts rund 20 Wirker in Potsdam. Silke Kamp/Klaus Büstrin „Königliche Visionen. Potsdam eine Stadt in der Mitte Europas“, Ausstellung des Potsdam-Museums im Kutschstall am Neuen Markt bis 28. März 2004, Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Mi bis 20 Uhr.

Silke Kamp, Klaus Büstrin

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