zum Hauptinhalt

Kultur: „Die Bibliothek ist unser größtes Sorgenkind“

Eberhard Kapuste über Themen im Kulturausschuss

Eberhard Kapuste über Themen im Kulturausschuss Am morgigen Donnerstag tritt der Kulturausschuss nach seiner Sommerpause wieder zusammen. Über anstehende Probleme in den kommenden Monaten sprachen wir mit Eberhard Kapuste (CDU), Vorsitzender des Ausschusses. Was ist zur Zeit das brennendste Problem? Das größte Sorgenkind ist derzeit die Stadt– und Landesbibliothek, für die sich ab 2005 gewaltige Einbrüche abzeichnen. Insgesamt sollen sich die Zuschüsse um 350 000 Euro reduzieren, für Investitionen ist überhaupt nichts eingestellt. Was könnte das für Folgen haben? Dass Zweigstellen zu machen, und die Haupt-Bibliothek einen Schließtag innerhalb der Woche einführen müsste. Gerade vor dem Hintergrund der Bewerbung um die Kulturhauptstadt und die Ergebnisse von PISA wäre das nicht hinnehmbar, zumal die Hauptnutzer Kinder und Jugendliche sind. Deshalb muss der Ausschuss versuchen, auf den Kämmerer Einfluss zu nehmen, bevor er den Haushalt 2005 einbringt. Wären denn noch irgendwo Reserven zu mobilisieren? Im personellen Bereich kann die Bibliothek vielleicht durch ohnehin ausscheidende Angestellte etwas einsparen, aber es drohen auch Einschnitte beim Service. Und man kann auch nicht die Investitionen auf Null herunterfahren, bei einer Einrichtung, die natürlich bei der EDV auf dem neuesten Stand sein müsste. Die PDS wirft Ihnen vor, dass Sie sich in der zurückliegenden Haushalts-Abstimmung nicht gegen die Kürzungen im Bibliotheks-Etat ausgesprochen haben. Zu dem Zeitpunkt bereiteten uns das Theater und die Kammerakademie die größten Kopfzerbrechen. Wären wir auch noch mit der Bibliothek ins Feld gezogen, hätten wir den Haushalt sicher nicht durchgebracht. Zudem ist der Kulturausschuss nur ein empfehlendes und kein beschließendes Organ. Welche Zweigstelle wäre von einer Schließung bedroht? Es geht um die Bibliothek am Kirchsteigfeld. Doch die Stadt hat für diese Einrichtung einen Mietvertrag auf 30 Jahre abgeschlossen. Sie müsste also einen Nachmieter finden. Da auch am Stern eine Zweigstelle ist, wäre die Schließung ansonsten noch hinnehmbar. In der vergangenen Woche gab es einige Diskussionen um die Perspektive der Ticket-Galerie am Nikolaisaal. Ich bin froh, dass das Thema zeitgenössische Kunst nicht zuletzt durch das Forum Bildende Kunst wieder verstärkt zum Thema geworden ist. Man sollte das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Klar ist doch, dass wir mehr Räume und Aktivitäten brauchen. Beim vergangenen Kulturausschuss wurde die Notwendigkeit einer Kunsthalle betont. Saskia Hüneke vom Bündnis 90/ Die Grünen brachte die Fachhochschule in die Diskussion ein. Eine Kunsthalle ist zwar notwendig, und vielleicht ist auch dieser Standort dafür günstig, aber es ist auch ein teures Unternehmen. Man kann also nicht darauf warten, sondern muss schon jetzt mögliche Räume nutzen: ob es die Ticket-Galerie, das Alte Rathaus oder Räume in der Schiffbauergasse sind. Auch der Kutschstall und die IHK sollten mit ins Auge gefasst werden. Auf keinen Fall sollte eine Kunsthalle perspektivisch in der Schiffbauergasse angesiedelt sein. Man kann nicht die ganze Kultur dort konzentrieren. Für eine Kunsthalle, die hochwertige zeitgenössische Kunst präsentiert, ist die Qualitäts-Messlatte sehr hoch angelegt. Das Hans Otto Theater, die Kammerakademie und die Musikfestspiele erhielten inzwischen dreijährige Förderverträge, die kurz vor der Unterschrift stehen. Wie geht es mit den Freien Trägern weiter? Wir wollen solch eine mehrjährige Festschreibung der Zuschüsse auch für sie erreichen. Doch wird es hier sehr viel schwieriger. Die Kulturverwaltung hat ja genau aus diesem Grund ein Gutachten in Auftrag gegeben. Was leitet sich daraus für Sie ab? Wir haben im Juni das Strittmatter-Gutachten zur Kenntnis genommen und gebeten, es erst einmal in den Fraktionen auswerten zu können. Im Oktober werden wir uns dann im Ausschuss damit beschäftigen. Dreh- und Angelpunkt ist die Frage, wie können auch neue Kulturanbieter an Betriebskosten- und Projektzuschüssen gelangen. Da das Geld für die „Freien“ nicht mehr wird, müssen also die „Etablierten“ auf Qualität abgeklopft werden. Das ist schwierig für die Politik. Da ist natürlich fachlicher Beistand, wie ihn ja jetzt schon der Beirat für kulturelle Projektförderung leistet, vonnöten. Konstatiert wurde vom Beirat, dass die Bildende Kunst bei der bisherigen Förderung unterrepräsentiert ist. Ja, es war schon schwierig, den Brandenburgischen Kunstverein mit in die Förderung reinzubringen. Wir müssen 2005 zu neuen Wegen finden. Auf jeden Fall wird es eine heikle Sache, wo sich Verwaltung, Politik und Künstlerorganisationen zusammen setzen müssen. Wie sehen Sie die Chancen für Potsdam, europäische Kulturhauptstadt zu werden? Ich glaube, dass die Chancen gut stehen. Und wenn wir es nicht werden, profitieren wir dennoch davon. Ein Manko sind noch die ungenügenden Aktivitäten der Bevölkerung. Wenn man derzeit das historische Zentrum Am Alten Markt sieht, ist das eher ein Kulturschock und keineswegs Kulturhauptstadt würdig. An dieser Stelle muss auf jeden Fall etwas passieren, und wenn sie nur zur Baustelle wird. Es muss nichts Komplettes, Fertiges dort stehen, aber etwas Richtungsweisendes müsste sich abzeichnen. Kulturministerin Johanna Wanka, ebenfalls von der CDU, brachte ein modernes Bauwerk anstelle des Stadtschlosses in die Diskussion. Wie stehen Sie dazu? Ich stehe nach wie vor zum Beschluss der Stadtverordnetenversammlung: also zu einem Stadtschloss im äußeren historischen Gewand. Das Interview führte Heidi Jäger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false