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Kultur: Die erste Liebe und über Mütter und Söhne

Die Mutter ist die erste Frau im Leben eines Mannes. Das Fazit der Journalistin Brigitte Biermann in dem zusammen mit ihrem Sohn Kai verfassten Protokoll-Buch „Mütter und Söhne“ (Ch.

Die Mutter ist die erste Frau im Leben eines Mannes. Das Fazit der Journalistin Brigitte Biermann in dem zusammen mit ihrem Sohn Kai verfassten Protokoll-Buch „Mütter und Söhne“ (Ch. Links Verlag, Berlin) über diese erste Liebe fällt hart aus. „Zunächst muss eine Trennung erfolgen, nach der man erst wieder zueinander finden kann“, so die beiden Autoren im Literaturladen von Carsten Wist, wenn diese Loslösung nicht erfolge, verliere der Sohn seine Liebesfähigkeit. Eine Erkenntnis, die das Autorenduo nicht durch einen psychoanalytischen Ansatz nach Sigmund Freuds Ödipus-Komplex entwickelte, sondern hauptsächlich anhand von dreizehn gesammelten Interviews und einigen Expertengesprächen entwickelte. Ihre Gesprächspartner wurden unabhängig voneinander und zeitgleich über das gemeinsame Verhältnis befragt. Brigitte sprach mit der Mutter, Kai in einem anderen Raum mit dem Sohn. Der größte Reiz der sowohl in Ost und West gesammelten Notizen liegt denn auch darin, was Mutter Biermann „Leben in einem anderen Film“ nannte: die Wahrnehmungen des immer zu einem bestimmten Zeitpunkt schwierigen Verhältnisses fällt überraschend unterschiedlich aus. Der 21jährige Jakob aus Frankfurt/Main, sagt, er würde sich immer drei Jahre älter und erwachsener fühlen, seine Mutter behandele ihn hingegen, als sei er drei Jahre jünger. Die aufgezeichneten Konflikte in der Pubertät sind heftig, im Falle des 18jährigen Alexanders führen sie erst in die rechte Szene, später zu Gewalt bereiten Hooligans, irgendwann zu einem Selbstmordversuch. Die Biografien sind so unterschiedlich und vielschichtig, wie es das Leben allgemein auch ist. Aber eines bewährt sich, selbst nach Momenten, in denen die Mutter ihren Sohn „zum Kotzen“ fand oder „ihn an die Wand nageln“ wollte. Ihre Liebe scheint, im Gegensatz zur Vaterliebe, jeder Prüfung stand zu halten. Wie bei Olaf, dessen Mutter sich Vorwürfe macht, ihren Sohn durch die viele Arbeit vernachlässigt zu haben. Olaf rebelliert und wird straffällig. Erst im Gefängnis geht er auf seine Mutter zu, sieht eigene Fehler ein und lernt, über seine Gefühle zu reden. Auf der gemeinsam mit dem Autonomen Frauenzentrum veranstalteten Lesung war unter den Zuhörern auch ein Vertreter der zu Manne e. V. organisierten Männerschaft. Er meinte, dass zu spüren ist, dass die Biermanns ein Thema gefunden haben, über das viel zu selten reflektiert wird. Wie steht es mit der ödipalen, erotischen Komponente im Verhältnis Mutter – Sohn? Das allgemein-gesellschaftliche Inzesttabu, so Sohn Biermann, hätte bei den Interviews so schnell gegriffen, dass über diese für die spätere Partnerwahl durchaus interessante Fragestellung von allen Befragten nichts zu erfahren war.

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