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Kultur: Die hohe Kunst zu vermitteln

Engel und Teufel können ein wunderbares Paar sein, wenn sie auf einen herausragenden Vermittler treffen. Mit Lorenz Duftschmid war am Donnerstag ein solcher Vermittler zu Gast im Kammermusiksaal Havelschlösschen in Babelsberg.

Engel und Teufel können ein wunderbares Paar sein, wenn sie auf einen herausragenden Vermittler treffen. Mit Lorenz Duftschmid war am Donnerstag ein solcher Vermittler zu Gast im Kammermusiksaal Havelschlösschen in Babelsberg. Hier veranstalten der Instrumentenbauer Tilmann Muthesius und die Musikerin Christiane Gerhardt im kleinen Rahmen regelmäßig Konzerte vorwiegend für Alte Musik. Duftschmid, gebürtiger Österreicher, der heute an der Musikhochschule Trossingen bei Freiburg Gambe unterrichtet und das Ensemble Armonico Tributo leitet, gilt als einer der herausragenden Interpreten auf diesem Instrument. Mit bescheiden-freundlicher Art in den kurzen Pausen, in denen Duftschmid kurze Erklärungen zu den Stücken gab, und seinen anfangs einnehmenden, dann immer mehr überwältigen Interpretationen der Musik von Marais, Forqueray, d“Hervelois und Hume, zeigte er in gut zwei Stunden, wie Meisterschaft auf höchstem Niveau klingen kann.

Für Instrumentenbauer Tilmann Muthesius war der mit „Nachtkonzert für den Sonnenkönig“ überschriebene Abend ein doppelter Genuss. Denn neben dem musikalischen Erlebnis konnte Muthesius mit Duftschmids Instrument aus dem Jahr 1699 eine Gambe wieder hören, die er in zweijähriger Arbeit aufwändig restauriert hatte. Ein perfektes Instrument, um die beiden so gegensätzlichen Komponisten und Gambenvirtuosen am Hofe Louis XIV., Marin Marais und Antoine Forqueray, zumindest musikalisch zu vereinen. Marais, der als „Engel“ und Forqueray, der als „Teufel“ auf der Gambe bezeichnet wurde, waren Zeitgenossen, Ausnahmekünstler und alles andere als Freunde. Doch was sie bei aller Gegensätzlichkeit einte, war die große Liebe zur Gambe.

Das Duftschmid ähnliche Empfindungen für dieses Instrument haben muss, ließ er die knapp 40 Gäste vom ersten Ton an spüren. Duftschmids Spiel packte den Hörer sofort an der empfindlichsten Stelle und zeigte in dieser Hinsicht den ganzen Abend keine Gnade. Musik wurde hier zur körperlichen Erfahrung. Tänzerisch bis ins Detail durchleuchtete Duftschmid Marais „Grand Ballet“, klaustrophobisch und schließlich befreiend seine Interpretation von „Le Labyrinthe“. Marias musikalisches Zwiegespräch „La Badinage“ spielte er mit einem derart warm-intimen Ton, dass man sich fast schon als heimlicher Zuhörer eines ganz persönlichen Gesprächs fühlen musste. In Forquerays „La Regente“ und „Chaconne. La Buisson“ ließ Duftschmid neben der dem Komponisten nachgesagten Arroganz auch viel Gefühl aufleuchten. Und so wurden die beiden gegensätzlichen Komponisten Marais und Forqueray durch Duftschmids farbiges und aufwühlendes Spiel zu Brüdern im musikalischen Geiste. Das allein hätte für diesen Abend genügt. Doch Lorenz Duftschmid gab sich damit nicht zufrieden. Mit Marais „Les Folies d´Espagne“, einem der virtuosesten, mal leise tretend, dann wieder regelrecht kraftstrotzenden Stücke der Gambenliteratur, setzte Duftschmid dem Abend die Krone auf. Eine Krönungsfeier, die nicht nur ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Dirk Becker

Am Mittwoch, 7. März, findet um 20 Uhr ein Konzert mit dem Ensemble Celeste Sirene zusammen mit Gästen unter dem Motto „Orient küßt Okzident“ im Kammermusiksaal Havelschlösschen, Waldmüllerstraße 3, statt. Der Eintritt kostet 20 Euro. Aufgrund der begrenzten Plätze wird um telefonische Voranmeldung gebeten unter Tel.: (0331) 748 14 96.

Dirk Becker

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