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Kultur: Durch und um Türen

„Doors“ von Sascha Pepelyaev bei Tanztagen

„Doors“ von Sascha Pepelyaev bei Tanztagen Acht Holztüren unterschiedlichster Größe sind auf der spärlich beleuchteten Bühne angeordnet, einige von ihnen mit einem Glasfenster versehen. Es klopft. Eine Frau in einem schwarzen Kleid betritt die Bühne. Und kurz darauf schleichen, stürzen, purzeln weitere Tänzer – insgesamt sieben an der Zahl – durch die Türen in den Bühnenraum hinein. Ein irrwitziger Reigen durch und um die Türen herum beginnt nun, ein 90-minütiges Feuerwerk an choreografischen Einfällen, das die Zuschauer des Abschlussabends der 15. Potsdamer Tanztage von der ersten bis zur letzten Minute in den Bann zog. „Doors“ – so hat der Moskauer Choreograf und Regisseur Sascha Pepelyaev sein Stück benannt, das er dem russischen Dichter Daniil Charms gewidmet hat. Zwei Auszüge aus Texten Charms'' sind dem Programm beigelegt – welche Rolle freilich diese Fragmente spielen, bleibt rätselhaft. Zwar sind hin und wieder Textpassagen auf der Bühne zu hören – so doch aber auf russisch – und wie das gesprochene Wort mit dem Geschehen auf der Bühne korrespondiert, vermag sich nicht ganz zu vermitteln. Fest aber steht, getreu dem Kosmos absurder Begebenheiten und grotesker Zusammenhänge, den sich Charms in seinen Texten erschuf, kreiert auch Pepelyaev eine höchst skurrile Bühnenwelt, in der sich vier Frauen und drei Männer zu immer wieder neuen Konstellationen zusammenfinden. Mit wenigen Handgriffen nur werden die Türen ständig neu im Raum positioniert – mal neben-, mal voreinander, mal versetzt aufgestellt – immer wieder neue Räume entstehen somit, in denen die Tänzer unter wechselnden Vorzeichen agieren. Zu Paaren finden sie sich zusammen, die sich in heftigem Clinch umeinander wringen, oder durch eines der Glasfenster hingebungsvoll anschmachten. Dann wieder scheinen die Tänzerinnen mit ihren Fingerspitzen kaum sichtbare Botschaften auf diese Glasfenster zu zeichnen, während sich die Männer – in hellen Anzügen – zu einem neckischen Charleston mit Machoappeal zusammenfinden. Von absurd über temperamentvoll-mitreißend bis anrührend weiß Pepelyaev das gesamte Register an unterschiedlichsten Stimmungen zu bedienen. Ein durch eine Tür mit einem Besen gestoßener silberner Ball landet punktgenau in den Armen einer Tänzerin. Eben dieser Ball wird wenig später bösartig von den Tänzern mit Tritten und Hieben malträtiert, dazu sind die Schreie einer Frau zu hören. Und kurze Zeit darauf balancieren, in bläuliches Licht getaucht, drei Paare behutsam Tischtennisbälle zwischen ihren Wangen. Das fantasievolle Spiel mit Objekten (mit den Türen, den Bällen aber auch drei Besen) hat Pepelyaev so weit und bis ins Detail entwickelt, dass daraus quasi eine eigene Kunstform entsteht. Fast treten da die mitunter recht akrobatischen Tanzszenen in den Hintergrund, so elegant drehen sich hier die Türen, rollen silberne Kugeln quasi wie von Zauberhand bewegt über die Bühne und kullern Tischtennisbälle in den überraschendsten Momenten aus den Ecken hervor. Spieluhrklänge, elektronisch erzeugtes rhythmisches Grollen oder auch alte Filmmusik unterstreichen die jeweils vorherrschende Stimmung. Ein Kaleidoskop von aberwitzigen Regieeinfällen also zum Abschluss der 15. Potsdamer Tanztage. Eine Produktion, die quasi noch einmal zusammenzufassen schien, was während der vergangenen Tage an höchst Unterschiedlichem präsentiert worden war. Das mittlerweile (in der internationalen Tanzszene) etablierte Festival hat es trotz oder gerade wegen der neuen Spielorte in diesem Jahr geschafft, ein sehr gemischtes Publikum für die verschiedensten Ansätze von Tanz zu interessieren. Und auch die Veranstaltungen im Sternenzelt (mit Heizpilzen!) nach den eigentlichen Vorstellungen fanden ihr Publikum. Beim Tango inklusive Clowneinlage am Sonntagabend jedenfalls war das Zelt auch zu später Stunde noch gut gefüllt. Sabine Loeprick

Sabine Loeprick

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