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Kultur: Ein einziges Nötchen nur

Pantomime und Barockmusik für Kinder

Wer immer sich um die Kinder bemüht, der solle geehrt sein. Sie sind aufnahmebereiter als Erwachsene, gleichsam noch „erziehbar“. Das ist zwar Sache der Pädagogik, umso mehr aber auch der Kunst, als sie es versteht, das Musische in ihnen zu wecken. Gerade zur Adventszeit ist dafür großer Bedarf. Kein Wunder also, wenn der Nikolaisaal am letzten Freitag für das Vorweihnachtsprogramm „Morgen, Kinder, wird''s was geben“ sogar eine Zusatzveranstaltung einrichten musste. Zu hören und zu sehen war Erlesenes: Das Schweriner Ensemble „Vent & cordes“ (Wind und Saiten) gab ein Konzert mit Musik aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Wolfram von Bodecker spielte dazu Etüden seines Faches als Pantomime. Im Foyer waren also am Vorabend des Christfestes schon mal die Lichter angezündet. Und die reguläre Veranstaltung am frühen Abend, als Potsdams Straßen im Regenniesel wie leergefegt erschienen, war sehr gut besucht.

Gudrun Bassarak (Block- und Traversflöte), Silke Drabon (Traversflöte, Musette), Ruprecht Bassarak (Barockvioloncello) und Uta Wendorf (Cembalo) spielten Werke von Leclair, Hotteterre, Delalande, Couperin und anderen in Auszügen auf diesen alten Instrumenten. Bei Nicolas Chédeville war neben der Musette - einem dem französischen Hofgeschmacke angepasstes „Dudelsäckchen“ - sogar die schöne Gambe im Verein mit sanftem Schlagwerk dabei.

Wenn nun ausgerechnet einige Kinder solch „reinem“ Musizieren nicht den nötigen Respekt entgegenbrachten, durchs Foyer marschierten oder quatschten, so lag das nicht an der meist guten Präsentation der Noten, auch nicht an den heiteren Szenen des Pantomimen, der sich als Vogelfänger oder Maler versuchte (dazu erklangen zwei Parts aus Jean-Marie Leclairs D-Dur Suite für zwei Traversflöten, schön), sondern an der Konzeption des Programms selbst. Es gab nämlich so gut wie keine Korrespondenz zwischen Podest und Gestühl, außer den nicht immer geschickten Ansagen des Gast-Cellisten, die nächste Pantomimen-Nummer betreffend. Ein Impresario hätte mit einer Mini-Instrumentenkunde in die alte Musik einführen, der Mime selbst auf Reaktionen im Parkett reagieren können, schließlich hat doch hierzulande sogar ein König die Traversflöte geblasen. So wurde das Publikum nur bedient, nicht geführt. Nett war“s selbstverständlich trotzdem, denn es ist in diesen medialen Zeiten schon eine Wohltat, die natürlichen Töne bukolischer Kompositionen in sich aufzunehmen, welche zu Zeiten der Ludwigs Unterhaltungsmusik waren: Jean-Baptiste Lully''s „Bourrée d“Achille“ für Blockflöte solo zum Beispiel. Aber auch weihnachtliche Klänge wie Nicolas Chédevilles „Chants des Noëls“. Zum Abschluss hörte man dank Couperin gar von einer Apotheose Corellis! Interessante Literatur. Auch Wolfram von Bodecker agierte eigentlich ganz schön, als er auf witzige Art ein komplettes Orchester darstellte, im Park den unterschiedlichsten Typen begegnete oder sehr poetisch sein Treffen mit St. Nikolaus schilderte. „Im Kerzenschein“ erzählte er fast die Balkonszene aus „Romeo und Julia“ nach. Doch alles für sich, und wie es die Art der Pantomime ist, ohnehin still. Als Zugabe gab es die Titelmelodie, welcher er, trotz großer Geste am Kontrabass, nur ein einziges, klitzekleines Nötchen abringen konnte. Aber jenseits der weihnachtlichen Feiertage klingt dies ja schon wieder wie Schnee von gestern. Ehre also, wem Ehre gebührt, weil man des höchsten Guts auf Erden gedachte, der Kinder. Es bleibt ja ihr Fest zuerst. Gerold Paul

Gerold Paul

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