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Kultur: „Ein Feuer, das brennt“

Ein Monodram über Marie Curie und Dorothee von Flüe in der „arche“

Die „Verantwortung der Wissenschaft“ vor ihrem Werk und den möglichen Folgen für Gesellschaft und Leben. Damit beschäftigte sich die jüngste „arche“-Veranstaltung – ein längst verlassenes Thema. Ein selbstgeschriebenes Monodram stellte die Schweizer Schauspielerin Inge M. Hugenschmidt-Thürkauf am Dienstag mit Madame Marie Curie und Dorothee von Flüe „Zwei Frauen - zwei Welten“ gegeneinander, welche „Ein Feuer das brennt“ verband und zugleich trennte: Die erstere hat für ihre Forschungen am Radium gleich zweimal den Nobelpreis bekommen, die andere, etwa fünfhundert Jahre früher lebend, gilt noch heute als mit zehn Kindern von ihrem Gatten Klaus aus christlichen Motiven als „die“ verlassene Ehefrau.

Für die Autorin und Darstellerin war da einiges geradezurücken. Sie zeigte mit vielen darstellerischen Nuancen eine leidenschaftliche, für ihre Forschung brennende Wissenschaftlerin, deren Gewissen sich erst zu rühren begann, als der „Blitz Satan“ über die Erde kam, die Plutoniumbombe. Dorothee hingegen gab ihr Einverständnis, als ihr Mann sie auf immer verließ: Nikolaus von der Flüe ist der Nationalheilige des inzwischen „entchristlichten“ Helvetiens. Zu Lebzeiten wandte er nicht nur einen Bürgerkrieg unter den Eidgenossen ab und schuf deren Ehrenkodex, er soll, so die Legende, auch den Einmarsch der Deutschen im Zweiten Weltkrieg verhindert haben. Dorothee ist eine Figur der Demut, des Einverständnisses mit dem Willen Gottes, der manchmal Leid bringt, aber „die Wunden auch heilt, die er schlägt“. Zuletzt beten die erklärte Atheistin und die Christin etwas überraschend in der Erkenntnis, dass man ohne Gott gar nichts tun kann.

Die engagierte Autorin kennt sich in beider Materie aus. Ihr Mann Max Thürkauf (1925-1993) forschte wie die Curie an der friedlichen, Segen bringenden Nutzung der Atomenergie. Nachdem der Schweizer nahe Paris eine Anlage zur Herstellung „Schweren Wassers“ gebaut hatte, musste er erleben, wie die Franzosen in der Sahara auf eben seinem wissenschaftlichen Fundament eine Plutonuim-Bombe zündeten, „die Sonne Satans“.

Wie Einstein erschrak er ob der Folgen seines Tuns, er aber wandte sich ab, suchte in New Age und anderen Ideologien, was er letztlich unter den Christen fand. Inge M. Thürkauf setzt sein Vermächtnis als Warnerin fort, sie schreibt christlich orientierte Theaterstücke, die sie landauf, landab selbst aufführt.

Wie Dorothee Madame Curie wegen deren „wertfreier Forschung“ nicht verurteilt, genauso hält sie es heute, wenn niemand mehr fragt, wer die grässlichsten aller Bomben erdenkt: Nicht Politiker, nicht das Militär, sondern die Naturwissenschaftler! „Du warst eine Heilige ohne Gott“, sagt sie zu Marie. Er ist in allen Dingen, bei den bösen Taten freilich „als ein Gekreuzigter“: Wer sich bei einer Entdeckung von Ihm befreit, ziehe statt des ihr innewohnenden Segens nur Fluch daraus. Solcher schönen Sätze gab es bei der Aufführung viele, auch Pathos. Dies braucht man, weil die „wertfreie“ Forschung auf warnende Stimmen auch heute nicht hört. Ein erstklassiger Abend. Gerold Paul

Gerold Paul

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