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Kultur: Ein klangmoderner Bach Weihnachtsoratorium in der Friedenskirche

Die Aufführungen von Johann Sebastian Bachs sechsteiligem „Weihnachtsoratorium“ BWV 248 sind längst zu einem festen Bestandteil der winterlichen Festzeit geworden. Auch wenn der Leipziger Thomaskantor die sechs Kantaten als ein künstlerisch Ganzes entworfen und zusammengestellt hat, würde ihre dreistündige Gesamtaufführung die Aufnahmefähigkeit der Hörer doch arg strapazieren.

Die Aufführungen von Johann Sebastian Bachs sechsteiligem „Weihnachtsoratorium“ BWV 248 sind längst zu einem festen Bestandteil der winterlichen Festzeit geworden. Auch wenn der Leipziger Thomaskantor die sechs Kantaten als ein künstlerisch Ganzes entworfen und zusammengestellt hat, würde ihre dreistündige Gesamtaufführung die Aufnahmefähigkeit der Hörer doch arg strapazieren. Was also tun? Jeweils drei Kantaten an zwei Abenden aufführen! Da die drei ersten die klangprächtigeren sind, werden sie auch häufiger musiziert; die zu innerer Einkehr neigenden IV bis VI weit weniger. So auch in Potsdam.

Thomas Hennig und seine Singakademie sowie die von Ud Joffe geleitete Potsdamer Kantorei entschieden sich diesmal für Aufführungen der Kantaten I bis III (bestimmt für die ehemals drei Weihnachtsfeiertage), während Joachim Walter mit seinem Oratorienchor sich am Sonntag in der überfüllten Friedenskirche der restlichen Kantaten annahm, die ursprünglich zu Neujahr, dem Sonntag nach Neujahr und zu Epiphanias erklangen.

Fern des Jauchzens und Frohlockens und anderweitiger dramatischer Sensationen huldigt die Kantate „Fallt mit Danken, fallt mit Loben“ bereits im Eingangschor beschaulichen und beruhigenden Betrachtungen. Er entstammt der Geburtstagskantate für den sächsischen Kurprinzen („Lasst uns sorgen, lasst uns wachen“) und wurde per Parodieverfahren umgetextet und zweitverwertet. Von sonorem Hörnerklang umhüllt, hebt der schwebende und schwingende Gesang des Oratorienchores an. Dabei ist auf eine differenzierte Textausdeutung genauso besonderer Wert gelegt wie auf deutlich vernehmbare notenbarocke Verzierungen, die für einen lebendigen Vortrag bürgen. Die nachfolgende „Handlung“ der Beschneidung und Namensgebung Jesu wird in einem Kurzrezitativ des Evangelisten abgetan. Für Volker Arndt (Mitglied des RIAS-Kammerchores Berlin) genauso wenig ein Problem wie die koloraturenflink dahinfließende Arie „Ich will nur dir zu Ehren leben“: Zügig im Tempo und voller freudiger Erwartung tönt sie ihm aus der Kehle.

Darin stehen ihm Sopranistin Christine Wolff und Bassbariton Christoph Hülsmann in nichts nach, die in zwei großen Duetten in großen lyrischen Melodiebögen von der Liebe zu Jesu ergreifend künden. In der Sopran-Arie „Flöße mein Heiland“ stilisiert Wolff das Gespräch der Seele mit dem Heiland auf fast spielerische Weise, wobei Jesu Stimme als Sopran-Echo (Anne Krauss) mit „Ja“- und „Nein“-Rufen auf entsprechende Fragen antwortet. Legatolieblich, höhensicher und von Oboenkantilenen umspielt wird sie von Christine Wolff stimmfein dargeboten. Auch diese Arie ist ein Parodie-Kind, denn im weltlichen Original „Hercules auf dem Scheideweg“ befragt der Held das Echo solcherart nach dem rechten Weg. Auf selbigem sind alle Beteiligten (inklusive der nur mit wenigen Aufgaben bedachten Altistin Karin Lasa) sowohl in der freudig bewegten Kantate V „Ehre sei dir, Gott, gesungen“ als auch der trompetenumglänzten wie paukenumwirbelten Nr. VI „Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben“.

In fugierten Chören und schlichten Chorälen tönt der Oratorienchor, wobei die Tenöre mit noch mehr Kontur und Fülle hätten glänzen können. Die Kammerakademie Potsdam musiziert in bestechender Klarheit und Präzision, weiß die diversen Affekte mit allem Nachdruck auszudeuten. Ein klangmoderner Bach, beifallsumjubelt. Peter Buske

Peter Buske

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