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Kultur: Es gibt Hühnchen, Mozart

Puschkins Einakter über den Meuchler Salieri im Varieté Walhalla

Puschkins Einakter über den Meuchler Salieri im Varieté Walhalla Ach, dieser Salieri, wie Alexander Puschkin ihn sah, könnte er einem fast schon leid tun, wenn er nicht so ein linker Hund wäre. Er, der sich der Musik hingab, ihr demütig diente, sie zerlegte „wie eine Leiche“ und mit seinen Kompositionen doch nur ein kleines Licht blieb, gegenüber dem Wunderknaben Mozart. Das konnte Antonio Salieri nicht ertragen und vergiftete kurzerhand seinen Freund Mozart. Alexander Puschkins Einakter „Salieri und Mozart“ kam am Montagabend im Varieté Walhalla auf die Bühne. Bevor im kommenden Jahr mit großem Tamtam deutschlandweit der 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart gefeiert wird, plant das Hans Otto Theater für den 23. Oktober die Aufführung von Schaffers „Amadeus“. Als Appetithappen gab es nun den Puschkin. Der nahm sich 1830 der schaurigen Legende an, nach der ein von Neid zerfressener Salieri im Jahre 1791 den 35-jährigen Mozart vergiftet haben soll. Mittlerweile gilt als gesichert, dass Salieri zwar Mozart den Erfolg nicht gönnte, ihn deswegen aber nicht meuchelte. Und als die italienische Sopranistin Cecilia Bartoli vor zwei Jahren ihr viel beachtetes „Salieri Album“ auf den Markt brachte, wurde deutlich, dass dieser gar nicht so blass neben dem Salzburger Wunderkind war. Kay Dietrich gab einen verbitterten Salieri, zwischen Selbsthass und Heuchelei, den sein unbekümmerter Freund Mozart (Johannes Suhm) im Gasthaus besucht, um ihm seine neuesten „musikalischen Gedanken“ vorzustellen. In schlafloser Nacht überkamen sie Mozart. Und in frühester Morgenstunde hat er sie schnell „hinskizziert“. Dann setzte Christian Deichstetter am Flügel an und spielte das Adagio aus der Klaviersonate F-dur. Oh, wie verzog sich da Salieris Gesicht. Fast schien es, als wollte er gleich den Schädel des Hochbegabten spalten. Doch er atmete tief durch, tat freundlich und lud Mozart zum gemeinsamen Essen. Hier, bei zartem Hühnchenfleisch, kippte Salieri das Gift in Mozarts Weinkelch. Der entschuldigt sich kurz danach, da ihn Unwohlsein plage. Puschkins Einakter lässt in seiner Kürze kaum Möglichkeiten für Charakterentwicklung. Auf der einen Seite das vom Ehrgeiz und Neid zerfressene Böse, auf der anderen das talentierte und unbekümmerte Gute. Doch gerade Kay Dietrich als Salieri, dem auch der meiste Text gehört, gelang es, diesem Widerling Profil zu geben. Johannes Suhm war es ein Leichtes, Mozart ganz unbekümmert und vertrauensselig zu spielen. Damit der Besuch sich für die zahlreichen Gäste auch lohnte, gab es noch Musik. Deichstetter am Klavier, Gabriele Näther singend. „Ridente La Clama“ und „Laudate Dominum“ klangen zu hart für Mozart, manchmal auch zu bemüht. Erst mit „Abendempfindung“ traf die Sängerin die Mozartsche Stimmung. Doch wirklich überzeugen konnte sie nicht. Dirk Becker

Dirk Becker

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