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Kultur: Facetten des Totalitarismus

Im Einstein Forum: Sozialpsychologie des Massenmords / Wagner in Moskau

Der Sozialpsychologe Harald Welzer beschäftigt sich mit der Frage, wie Menschen zum Massenmord fähig sein können. Ergebnisse seiner Arbeit präsentiert er am Dienstag im Potsdamer Einstein Forum. Der Vernichtungskrieg und der Holocaust benötigten, wie andere Völkermorde auch, eine Menge Menschen, die sich für das Töten von anderen entscheiden mussten. Bis heute sei weitgehend ungeklärt, wie es möglich war, dass Menschen zu Massenmördern wurden, die noch wenige Monate zuvor selbst nicht geglaubt hätten, dass sie jemals dazu in der Lage wären. Für fast noch schwieriger zu beantworten hält Welzer die Frage, wer die sehr wenigen Personen waren, die sich der Entscheidung zum Töten verweigerten, und was es ihnen ermöglicht hat, sich gegen die herrschenden Normen zu verhalten. Harald Welzer ist Forschungsprofessor für Sozialpsychologie an der Universität Witten-Herdecke und Leiter der Forschungsgruppe Erinnerung und Gedächtnis am Kulturwissenschaftlichen Institut (Essen) des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen. Er spricht morgen um 19 Uhr am Einstein Forum (Am Neuen Markt 7), die Gesprächsleitung hat Dr. Hans-Hermann Hertle, ZZF Potsdam.

Davon, wie Sergej Eisenstein Richard Wagner vor dem Faschismus rettete spricht am Tag darauf (Mittwoch, 1. März, 19 Uhr) Dieter Thomä, Professor für Philosophie an der Universität St. Gallen. Im Jahre 1940, kurz vor Ende des trügerischen Hitler-Stalin-Pakts, fand im Moskauer Bolschoi-Theater eine Aufführung statt, die als Höhepunkt deutsch-sowjetischen Kulturaustausches gedacht war: Gegeben wurde Richard Wagners Walküre in der Regie von Sergej Eisenstein. Es kam nicht zu einem faschistisch-kommunistischen Stelldichein, sondern zu einem Ereignis, das Ideologien sprengte. Dieter Thomä nimmt die Inszenierung zum Anlass, um ästhetische, ethische und politische Aspekte der Moderne einer Revision zu unterziehen. Er analysiert die Spannung zwischen der Ambition auf das Gesamtkunstwerk und der Neigung zum musikalischen Fragment sowie zum close up. Mit dieser Ästhetik des Individuellen korrespondiere eine Ethik des Mitleids, die Eisenstein in der Walküre entdeckt habe. PNN

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