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Kultur: Farbwelten – Grauzonen

Ausstellung im Kulturministerium von Künstlern der Kulturmühle Perwenitz

Vielleicht hat sich das Kulturministerium gedacht, warum nicht mal die Kultur durch die Mühle drehen, als es Künstlerinnen und Künstler der „Kulturmühle Perwenitz“ dazu eingeladen hat, im ehrwürdigen zweiten Stock des ehemaligen Waisenhauses in der Dortustraße eine Ausstellung auszurichten. Merkwürdig passend zu der Exposition steht unterhalb einiger hängender Bilder das „kreative Manifest“ des Ministeriums, das die Lettern von KREATIV in eigene kleine Paragraphen übersetzt. K steht da zum Beispiel für Kommunikation, R für Respekt, und V für Verantwortung.

Das alles gilt der Kultur, und es ist anzunehmen, dass dieser Moralkodex für die aktuelle Ausstellung mit ausschlaggebend war. Seit zehn Jahren existiert im fernen Havelland zwischen Paaren und Pausin die Kulturmühle Perwenitz, und nur wenige wissen davon. Der Zusammenschluss gibt Künstlern ein Atelier und manchmal auch die Möglichkeit für eine Ausstellung. Schon immer war das von der Hauptstadt so wenig durchdrungene Land Anziehungspunkt für Maler, die, von den Aufregungen der Hauptstadt ausgelaugt, ein ruhiges Plätzchen suchten und ihren Blick schweifen lassen wollten.Susan Schaer verlässt da schon mal das Havelland, um feine schwarze Striche auf eine helle Nessellandschaft zu setzen. Das Ganze heißt „Rubicone“ und meint vielleicht die ferne Landschaft in Italien, die schon immer die deutschen Herzen mit Freiheitsgefühlen bewegt hat. Ob sie dabei auch in ihrem zweiten Rubikon-Bild, das ebensolche feine flussartige Verästelungen diesmal auf grün bemaltem Nessel zeigt, daran dachte, dass das sprichwörtliche „den Rubikon überschreiten“ für gefährliche Handlungen steht?

Darüber kann man sinnieren in dem Flur des Ministeriums, das vielen, vor allem den großformatigen Bildern, nicht immer genügend Abstand zum Schauen lässt. Allerdings scheinen die riskanten Handlungen bei „Der Weiher im Busch oder umgekehrt“, ebenfalls von Susann Schaer, schon vollzogen zu sein: Da schwärt das Braun gegen das dunkle Grün, das sie bei dem daneben hängenden „Es ist kalt in Brandenburg“ mit schwerem Pinsel als Baumbegrenzung gegen die mittige Wiese gesetzt hat, und man wünschte, dass das Ministerium doch allen Künstlern eine Fahrt in das Land, in dem die Zitronen blühen, gewähren möge.

Da schaut man doch mal lieber auf die gegenüberliegende Wand und meint, in den Siebzigern anzukommen: Heinz Bert Dreckmann, 1948 in Köln geboren, beschwört mit seinen großen, auf Papier gezeichneten dunkelgrauen und schwarzen Kreisen, die manchmal auf dick orangefarbene Linien treffen, die Tapetendekos der Flower-Power-Zeit. Davon gibt es acht Stück.

Fast verschwinden neben dieser großmalerischen Geste die fein mit Faserstift auf Acryl gemalten Waldimpressionen von Susanne Pomerance. Hätten diese beiden Arbeiten mehr Platz zum Atmen, könnte man die zarte Dreidimensionalität in eine wirkliche Kommunikation (wie das K des moralischen Ministerialkodizes beschwört) mit dem Betrachter treten lassen. Und der würde sich auf wundersame Weise in die brandenburgischen Wälder versetzt sehen, die die 1957 geborene Künstlerin flimmernd zeichnet. Eva Pauls tiefe Impressionen schaffen eine großzügige Atmosphäre, die aber von den aufdringlichen Lilien- und anderen Blüten von Irene Suhr fast erdrückt werden. Der „Mohn“ aus Öl, Rost und Struktur der 1965 in Berlin geborenen Malerin, die sichtbar in Russland lebte, lässt durch seine vordergründige Schwere des (sexuellen) Rots der Blüte fast die Ironie des „Mohns“ von Irene Venter verblassen. Die aber zeigt in einer klugen Aufteilung, wie man Kitsch von Kunst unterscheiden kann: Ihr Mohn ist, in der rechten Bildhälfte, von allen Farben verlassen und wirkt doch anmutig schön, der linke Bildteil trägt monochrom die rote Farbe wie ein Schild vor sich her. Das ist ästhetisch und regt zudem zum Nachdenken an.

So sieht man durchaus Unterschiedliches im ministerialen Raum, der sich der Kreativität verpflichtet hat, aber so sehr man auch sucht: die angekündigten Arbeiten der Künstlerin mit dem interessant asiatischen Namen Mariko Sakamoto sind wahrscheinlich mit den Akten im Keller verschwunden.

Zu sehen bis 14. September, Mo bis Do 7.30 bis 17.30 Uhr, Fr 7.30 bis 15.30 Uhr.

Lore Bardens

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