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Kultur: „Greensleeves“

Die irische Harfenistin Hilary O“Neill musizierte unterm Sternenzelt im Urania-Planetarium

„Kleiner roter Vogel und schwarze Erde, wo hast du heut nacht geschlafen?", so fragte die etwas herbe Stimme der irischen Harfenistin Hilary O''Neill im kürzlich eröffneten Planetarium, unter dem Dach der Urania. Seit gut zwei Wochen gibt es die virtuelle Himmelsschau im Zentrum der Stadt, die Betreiber sind fest entschlossen, ihr Kulturangebot für Alt und Jung auch hier zu bewähren.

Alltag unterm Sternenzelt, wenn man so will – nicht aber bei dem ausverkauften Konzert dieser erstaunlichen Künstlerin. Sie hat, was die einen zur reisenden Sehnsucht treibt, sie gibt, was man sich von der Grünen Insel vorher erträumt: einen Abdruck alter irisch-keltischer Kultur in den klangvollen Liedern jener Tage: Gegenüber liegt Schottland, dazwischen die Insel Man. Der namhafte Riese Ushag Veg Ruy hat sie erschaffen, als er einen kleineren Bruder Namenlos dort mit Steinen bewarf, ein Lied dazu interpretiert den mythischen Vorgang in den harmonischsten Tönen. Die Queen Mary ist auf ihren Gatten sauer, weil er ein gleichnamiges Mädchen geschwängert, dieser dann aber großmütig den Galgen erlässt - eine Frau verspricht ihrem Gatten, welcher der Not halber Brot stahl und nach Australien deportiert werden soll, auf ihn zu warten - ein Kerl fängt jenen Zwerg, der eine Goldbörse abgeben muss, wenn man ihn nur aus den Augen nicht läßt, Pech gehabt, der Kleine war klüger. Oder: „Kitty of Colraine“ stolpert, ihr Milchtopp birst. Schnell findet sich ein Tröster zum Kuss, und sie singt, es möge noch einmal die Kanne zerbrechen...

Wunderbare Szenen aus der irischen Vergangenheit, so mystisch wie oftmals sozial bestimmt, so grundverschieden im Ton. Inwieweit ihre Harfe „echt keltisch“ sei, verbarg die Interpretin den glücklichen Gästen, sonst aber stellte sie jedes Lied auf Deutsch gründlich vor, würzte die Introduktionen mit pfiffigen Beiträgen, sang, vom Licht nur spärlich beleuchtet, unter einem künstlichen Sternenhimmel, in den man anfangs extra einführte. Elegisch, balladesk, manchmal auch übermütig kamen diese Stücke daher, mal gab die Harfe den Ton an, mal begleitete sie den gelegentlich etwas kehligen Gesang mit harmonisch benoteten Akkorden. Immer schön, immer sanft, oft auch kräftig.

„Greensleeves“ kannte natürlich genauso ein jeder wie das von Thomas Moore gesammelte Volkslied „The last Rose of Summer“, in Deutschland durch Flotows Oper „Martha“ bekannt. Der keltische Schlag auf die Harfe, Hilary O“Neills sehr positive Ausstrahlung und die wohl verstandenen Lieder gaben dem Konzert eine so intime wie kosmische Atmosphäre, welcher der sich mal schnell, mal langsamer drehende Himmel des Nordens am wenigsten dazugab: Jupiter und Mars am aktuellen Morgenhimmel. Die Dunkelheit eher, man erkannte im sparsamen Licht das ausdrucksstarke Gesicht der Sängerin, die Saiten, die sie strich oder zupfte, in ihren Händen. Irland schien nahe, mithin die vergangene Zeit, als Sehnsucht für jeden. Ihr Vortrag war zwar nicht vollkommen, aber stets schön, ihre Conférence belebend und stets originär, live eben. Planetarische Dunkelheit hier, eine Kirchenatmosphäre in Petzow vor gut einem Jahr, was Hilary O''Neill tut, hat einfach mehr Bestand. Gerold Paul

Die Veranstaltung wird am 27. April, 19 Uhr, wiederholt.

Gerold Paul

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