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Kultur: Grunge, Rock und Mutterstolz

Awera, Co“ring und 29 Kensington bei „Noise of Potsdam“ im Lindenpark

Awera, Co“ring und 29 Kensington bei „Noise of Potsdam“ im Lindenpark Wieder einmal wurden bei „Noise of Potsdam“ drei Bands zusammengetragen, dem Freitagabend eine entsprechende Geräuschkulisse zu verpassen. So noisig-lärmend wurde es dann aber glücklicherweise gar nicht. Die Band „awera“ machte den Anfang und mussten erst einmal ihren Bandnamen erklären. Geschrieben sieht dieser zwar aus wie eine Lippencreme, gesprochen wird er aber wie Englisch „aura“. Durch das Wortspiel mit „awe“ für Ehrfurcht entstand vor mittlerweile knapp zwei Jahren der Bandname mit dazugehöriger Band. Die Potsdamer haben sich vom Grunge-Kuchen die appetitlichsten Stücke abgeschnitten und mit Lukas haben sie einen stimmbewussten Frontmann am Start. Der deckt von rauchiger Röhre bis Kopfstimme alle Tonlagen ab. Die Quellen aus denen „awera“ ihre Inspiration und Songideen schöpfen, versuchen sie erst gar nicht zu verstecken. Warum auch, wenn Bands wie Silverchair, Pearl Jam oder Bush für die Musik Pate stehen? Zum Abschluss gibt es die „Coverversion einer Coverversion“, wie Lukas es nennt: „A perfect circle“ drehten John Lennons „Imagine“ durch die Psychedelic-Mühle und an deren Interpretation hielten sich „awera“. Vielleicht ein etwas schleppender Abgang. Auch die nachfolgenden Potsdamer schlagen sich mit Problemen um ihren Namen herum: Seit einem halben Jahrzehnt als Cockring die Hallen beschallend, entschieden sie sich kürzlich zur „Umtaufe“ des Bandnamens in Co“ring. Grund: Veranstalter verweigerten der Band Auftritte, wegen ihres, ach so obszönen Namens. Nun gut, der ambitionierte Pop-Rock der Band ist auf jeden Fall geblieben. Mit Verve und einem sehr ausgedehnten Aktionsradius derwischt und kreiselt Frontmann Jörgen über die Bühne und versucht das Publikum für Mitsingspiele zu begeistern. Die Texte des aktuellen Albums „Die unbeschwerten Zeiten“ bedienen die gewohnte Bandbreite von witzigen bis nachdenklich-sozialkritischen Texten. Die vertonten Gefühlswallungen finden natürlich auch den Weg ins Set der Band. Die Zeit für Deutschrock ist besser als je zuvor, doch Co“ring haben damit schon angefangen, bevor die „Perfekte Welle“ über die Radiolandschaft schwappte. Nach der vollen Potsdam-Breitseite wird es gegen Mitternacht hauptstädtisch. Die Berliner „29 Kensington Road“ bewaffnen sich mit ihren Instrumenten und drücken ohne große Umwege energetischen Post-Grunge durch die Verstärker. Grundsolide und mit starkem College-Rock-Einschlag rackert sich der Vierer ab. Dabei fühlt man sich in dieser, zugegeben oft befahrenen Straße trotzdem schnell heimisch. Der charismatische Frontmann Stefan Tomek versprüht mit jedem Akkord Charme und gute Laune Seiner anwesenden Mutter verrsichert Tomek: „Noch drei Jahre, wenn es dann nicht klappt mit dem Durchbruch, mach ich die Banklehre. Ok Mutti?“ Die Mutter streckt den Daumen in die Höhe, aber auf ihrem Gesicht spiegelt sich der Stolz für den Sohnemann wieder. Neben den eigenen Nummern haben „29 Kensington Road“ auch einiges Fremdmaterial im Programm: Oasis“ „Wonderwall“ kann auch von ihnen nicht totgeduldet werden, „Get back“ mutiert zu einer treibenden Bluesorgie, inklusive Springsteen“schen Beingestampfe. Die Forderungen nach Zugaben werden mit einem ausladenen Blues-Medley befriedigt. Erst weit nach 1 Uhr wird das Publikum in die Nacht entlassen. Christoph Henkel

Christoph Henkel

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