zum Hauptinhalt

Kultur: Im Spannungsfeld der Kirchenmusik

„Missa Brevis“ von Mozart und Schubert mit dem Vocalkreis Potsdam in der Friedenskirche

Früher wie heute bestimmten auch politische und prosaische Überlegungen die Schönen Künste. Davon betroffen war gerade die Kirchenmusik, die sich nach den jeweils geltenden Vorstellungen der Päpste und Kardinäle richten musste und deshalb über lange Zeit nicht recht ernst genommen wurde. Selbst den Kirchenkompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart oder Franz Schubert haftete ein schlechter Ruf von „Auftragsstücken“ an. Sie standen im Schatten der weltlichen Werke, in denen sich die freie künstlerische Inspiration gemäß dem romantisch-idealistischen Konzept am reinsten verwirklichen können sollte.

Dagegen zeigte das siebte Konzert der Vokalise in der Friedenskirche, dass man Kirchenmusik keineswegs als „Gebrauchsmusik“ abtun muss, speziell wenn die Werke von Komponisten wie Mozart oder Schubert stammen. Der Vocalkreis Potsdam und das Neue Kammerorchester sangen und musizierten unter der Leitung von Matthias Jacob zum Thema „Missa Brevis“. Gerade bei der Entstehung dieser Kurzform für die Heilige Messe hatten profane Überlegungen eine Rolle gespielt. Zu Mozarts Zeiten standen Kurzmessen in hoher Konjunktur – für Volkserziehung und Sparsamkeit und gegen Pomp und Prunk.

Doch selbst die im Alter von dreizehn Jahren entstandene Missa Brevis in d-moll von Mozart zeigt sich in der Friedenskirche als außerordentlich frühreifes, schöpferisches Werk. Orchester- und Chorpassagen wechseln mit kurzen Soloeinschüben, die erst im Benedictus mit einem innigen, wenn auch knappen Sologesang auftreten. Nur selten gespielt werden die Kirchensonaten von Mozart, einsätzige Instrumentalwerke, die in der Messe meist zwischen Gloria und Credo stehen. In der Interpretation durch das Neue Kammerorchester klangen vier dieser Sonaten überschwänglich sprudelnd und subtil ausgeleuchtet. Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob und Konzertmeister Wolfgang Hasleder versprühten die Funken inspiriert und huldigtem in erster Linie dem Genius Mozart. Dass es sich um Werke für die Kirche handelte, war bloß an der Orgelbegleitung bemerkbar, die von Tobias Scheetz sehr dezent ausgeführt wurde.

Wie eine Missa Brevis im Urzustand ohne instrumentale Begleitung klingt, zeigte der bestens aufgelegte Vocalkreis Potsdam bei Dietrich Buxtehudes Missa für fünf Stimmen. Der unter der Kuppel stehende Chor erfreute mit sehr homogenem, weichem Stimmklang. Beim „Gloria“ konnte man sich durchaus an einen Engelshymnus erinnert fühlen.

Dass Franz Schuberts Messe in G-Dur zu Unrecht unterschätzt wird, zeigte die großartige Aufführung in der Friedenskirche. Melodisch reichhaltig, kompositorisch originell und überaus klangsinnlich interpretiert, enthält bereits dieses Jugendwerk den ganzen Reichtum der klassischen Musik.

Ein Höhepunkt: das originelle Credo mit ostinat gezupfter Bassbegleitung mit wehenden Streicherseufzern und ausdrucksstarkem, differenziertem Chorgesang. Wie aus einem Atem erklingt das „Cruzifixus“. Besonderes Lob verdienen auch die Solisten des Konzerts, Kristiane Krauß, deren Sopran leuchtete, Anna Dorothea Minke, Alt, Hans-Christian Braun, Tenor, und Markus Schütte, Bass.

Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false