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Sopranistin Julia Doyle ist im Nikolaisaal Potsdam aufgetreten.

© Nikolaisaal/Louise O. Dwyer / Nikolaisaal/Louise O. Dwyer

Kammerakademie im Nikolaisaal: Barockes Stilgefühl

Französischer Esprit bestimmt das Sinfoniekonzert der Kammerakademie Potsdam unter dem kanadischen Dirigenten Bernard Labadie.

Von Peter Buske

Bislang haben sich die Musiker der Kammerakademie Potsdam (KAP) in den von ihnen in dieser Saison bislang bestrittenen Sinfoniekonzerten mit „Variationen“ von Paul Hindemith, Jörg Widmann und Max Reger beschäftigt und „Klangwelten“ von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Auftragserlediger Christian Jost erkundet. Nun gaben sie sich am vergangenen Samstag ganz dem „Französischen Esprit“ hin. Es war das insgesamt 5. Sinfoniekonzert des Nikolaisaals (die beiden anderen hatte zuvor das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt bestritten), an dem leider nicht allzu viele Zuhörer teilgenommen hatten. Vor allem in den (hochpreisigen) ersten Reihen klafften denn auch viele Lücken. Und dann noch der Dauerregen…

Die Anwesenden genossen Wohlklang in Vollendung, geschaffen aus spielerischer Klarheit und Eleganz, Witz und Leichtigkeit sowie instrumentaler wie vokaler Virtuosität. Diese Melange ergab jenen programmtitelgebenden „Französischen Esprit“, den die Kammerakademisten unter Leitung des kanadischen Dirigenten Bernard Labadie auf faszinierende Weise herzustellen verstanden. Begonnen hatte das Hörabenteuer mit der Sinfonie c-Moll op. 12 Nr. 4 von Henri-Joseph Rigel (1767-1799).

Dramatische Effekte

In den Ecksätzen des dreisätzigen Stückes entfalteten die Musiker unter dem sitzend agierenden Dirigenten enorme dramatische Effekte. Es wurde kurz phrasiert, prononciert artikuliert, zupackend zügig und kontrastberstend musiziert, so dass einem unwillkürlich der Eindruck eines Klangtsunamis entstand. Terrassendynamische Kapriolen, aber auch geschmeidige Übergänge sorgten für weitere spannende Hörmomente. Die auf Genauigkeit bedachte Lesart der Ecksätze setzte sich auch im beschaulich sich wiegenden und mit kurzweiligen Wendungen aufwartenden Largo-Mittelsatz fort.

In verkleinerter Besetzung erklang danach Johann Sebastian Bachs weltliche Hochzeitskantate „Weichet nur, betrübte Schatten“ BWV 202, die von charmanten, lieblichen, graziösen und witzigen musikalischen Einfällen nur so strotzt. Im Text eines unbekannten Autors wird das Erwachen der Natur im Frühling mit dem Aufblühen der Liebe zwischen zwei Menschen gleichgesetzt. Bach lieferte dazu das passende tonmalerische Kolorit. Für Streicher und Continuo mit obligater Oboe (Jan Böttcher) besetzt, malt Bach bereits im Eröffnungssatz ein Genrebild voll leuchtender, sonnenglänzender Naturpoesie.

Julia Doyle brilliert als Solo-Sopranistin

Dabei imaginieren die Streicher mit langsam aufsteigenden Akkorden ein Bild jener Schatten, die weichen sollen. Und die Sonnenstrahlen lassen sich kaum besser als durch den warmen Klang einer Oboe versinnbildlichen. Da gehen „Frost und Winde zur Ruh‘“, streichen „Frühlingsdüfte durch bunte Felder“: Idylle pur. Jan Böttcher bläst sie auf seinem klangschönen Instrument voller Innigkeit und Gefühlswärme herbei. Und auch Konzertmeisterin Marina Grauman liefert nebst Fagott den Wünschen nach „Zufriedenheit“ und „tausend hellen Wohlfahrtstagen“ entsprechende Zutaten. Die Solo-Sopranpartie ist bei Julia Doyle bestens aufgehoben. Ihre verzierungsreiche, rank und schlank geführte Stimme jubiliert koloraturensicher in allen Lagen und versteht es zudem, die Intimität der Kantate wunderbar zum Ausdruck zu bringen.

Ihre stilsichere Sangeskunst weiß sie auch in den Arienbeiträgen in der Suite aus der Tragédie lyrique „Dardanus“ von Jean Philippe Rameau einzusetzen. Zusammengestellt hat sie Dirigent Bernard Labadie, in der Arien mit diversen tänzerisch beschwingten Tanzsätzen wechseln. Im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens steht die Liebesgeschichte zwischen dem jungen Krieger Dardanus und Iphise, Tochter des Königs Teucer. Doch ehe es zum glücklichen Ende kommt, müssen diverse Intrigen, affektgeladene Debatten und kriegerische Auseinandersetzungen geführt werden. Reicher Beifall.

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