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Kultur: Katholiken vor!

Arche über Potsdams katholische Schulen ab 1739

„Wir halten Sie auf dem Laufenden“, versprach „arche“-Bootsmann Rainer Roczen während der Auftaktveranstaltung für das Jahr 2007. Das lag auf der Hand, denn die „Geschichte der katholischen Schulen in Potsdam zwischen 1739 und 1939“, von Manfred Gläser und Michael Kindler vor drei Jahren für die Propsteigemeinde St. Peter und Paul als Broschur erstellt, findet in den aktuellen Bemühungen um eine Neugründung ihre direkte Fortsetzung. Konfessionelle Schulen sind ja mächtig „in“. Die Vorbereitungen gedeihen, schon in diesem Jahr könnte ein Erstklassenjahrgang starten – wo, wollte man ob der „mitschreibenden Journalisten“ nicht verraten. Ach, Nachtigall! In Babelsberg vermutlich, wo sich bis 1939 die zweite katholische (Volks)Schule Potsdams befand.

Ein Blick zurück, ein zweiter nach vorn, doch muss man nicht unbedingt dort anfangen, wo vor St. Nikolai einst die Marienkirche prangte, welche ein Stadtbrand 1536 nebst Archiv zerstörte. April 1945 ein zweites Desaster. Die Rekonstruktion der Relikte städtischen Schulwesens wurde den beiden Autoren also sauer genug, wer ihrem Wissen etwas hinzufügen kann, ist sehr willkommen.

In einem Dia-Ton-Vortrag wurde dem zahlreich erschienenen Publikum abwechselnd vorgetragen, was herauszufinden war: Die Einführung der Reformation 1541 in Brandenburg brachte das katholische Leben erst mal für 180 Jahre fast zum Erliegen. Um sich rüstungstechnisch unabhängig zu machen, importierte Friedrich Wilhelm I. dann 1722 belgisch-papistische Gewehr-Macher mit dem Versprechen auf „freie Religionsausübung“. Dieser Handel wird bis heute „Potsdamer Toleranz“ genannt. Eine katholische Gemeinde entstand, welcher auch königliche Leibgardisten angehörten – die Simultankirche Heiliggeist erzählte ein bisschen davon.

Mithin gab es auch das Bedürfnis nach einer eigenen Schule, deren erste spätestens 1740 auf dem Gelände der Gewehrfabrik nachzuweisen ist. Sie wurde vom Staat unterstützt. Ende des 18. Jahrhunderts ist von einer katholischen Privatschule zu lesen. Sie kam unter der Leitung des „ausrangierten“ Leibgrenadiers Ebner zu so gutem Ruf, dass scharenweise protestantische Kinder herbeiströmten, was dazu führte, dass „der katholische Geist“ etwas litt. Unter dem Ruf „Katholiken vor!“ hatten diese in der Pause ihre Katechismus-Lektion vorzusagen, indes der Lehrer sein Käsebrot aß. Eine Episode von 1811. Sieben Jahre später wurde eine solche Lehrstatt in der Mammonstraße gegründet, unmittelbar neben der Garnisonkirche, mietweise im Sachwitzschen Haus.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Das Haus Am Kanal 38/39 (Kurzendorffsches Seminariengebäude) war die erste Immobilie, anfangs für Knaben, dann gemischt. Ein protestantischer Lehrer namens Maschke führte diese Schule zu ungeahnter Blüte. Nach 1862 kümmerten sich Borromäerinnen um die Erziehung der Kinder. Während Bismarcks „Kulturkampf“ hatten zwei katholische Schulen unter dem Staatsedikt zu leiden. 1904 zogen beide in die Jägerstraße (heutige Musikschule) um. Sie bestand als „Marienschule“ bis 1939. Auch in Nowawes tat sich etwas: Auf Antrag der Eltern konnten nach 1918 „Volksschulen ihres Bekenntnisses“ eingerichtet werden, was nach einem klassischen Schulstreik 1923 in der damaligen Priester-(Liebknecht)-Straße und am Weberplatz 12 geschah. Letzter Standort der Katholischen Volksschule war die Tuchmacherstraße 51, wo 1934 zwei Töchter Adenauers das ABC erlernten. Wäre die katholische Grundschule jene „Nachtigall“, die man just nicht trapsen hören sollte? Gerold Paul

Gerold Paul

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