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Kultur: Land der Leidenschaft

Künstleraustausch mit Jyväskylä in der Galerie „M“

Künstleraustausch mit Jyväskylä in der Galerie „M“ Finnland mit seinen Seen und Wäldern ist ganz weit weg von Potsdam. „Hier ist alles so groß“, meinen Virpi Lehto und Aino-Kaarina Pajari, die beiden Künstlerinnen aus der Potsdamer Partnerstadt Jyväskylä, „allein der Park Sanssouci ist so groß wie unsere Stadt.“ Es ist ihr Gegenbesuch in Deutschland, nachdem beide, die eine Malerin, die andere Grafikerin, die Potsdamer Künstlerinnen Dorothea Nerlich und Rose Schulze im Mai in ihrer Heimat kennen gelernt hatten. In der Galerie „M“ des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler (BVBK) stellen alle vier ihre Werke jetzt unter dem Motto „Tervetuloa – Willkommen“ gemeinsam aus. Wie viel Finnland ist den Arbeiten aus dem hohen Norden anzusehen? Es ist zuweilen ein schmaler blassgrüner Horizont am oberen Bildrand der Aquarelle von Virpi Lehto. „Das ist meine Insel“, erklärt sie, von dort schaue sie auf das grüne Festland. Zentraler und unübersehbar auf ihren Bildern ist jedoch stets eine Frauenfigur, oft nackt, immer mit langem Haar: sie selbst. Ihre Bilder versteht Lehto als Vorahnungen und Reflexionen dessen, was kommen wird, weibliche Intuition in Magenta, Gelb und Orange. Während die Frauen in starkroten Kelchen oder Haarknäuel zu versinken drohen, öffnen sich Türe und Tore der Vorsehung. Lehto zeigt auf ein kleineres Format: „Das habe ich vor zwei Tagen in Zepernick gemalt, ich war traurig.“ Immer noch überwiegt das Leuchten von Orange und kräftigem Rot, aber ein mit Tusche ausgeführtes Netz aus Lila legt sich unheilvoll auf die Farbpracht. In Finnland, erzählt Lehto, würden ihre Farben als untypisch angesehen. Soviel Leuchtkraft – nimmt man in ihrer Heimat an – käme sicherlich aus Spanien, wo sie in Barcelona studierte. Die Spanier wiederum hielten ihre Farben für finnisch. Denn in Spanien, so Lehto, wäre die Grundfarbe häufig Umbra. Gibt es so etwas wie typisch finnische Farben? Virpi Lehto, die sich auch mit „Feuerskulpturen“, Objekten, die in Brand gesetzt werden, dem Hypnotischen und Intuitiven nähert, malt zuerst als Frau, und dann vielleicht als Finnin. Aino-Kaarina Pajari ist beruflich Grafik-Designerin. In Jyväskylä, erzählt sie, gäbe es ein bekanntes Grafik-Zentrum, in dem Stipendiaten wohnen, das Workshops anbietet und eine internationale Druck-Triennale veranstaltet. Während sie in ihrem Beruf auf Akkuratesse und Präzision achten muss, lässt sie sich in ihren künstlerischen Arbeiten gerne von den großen Bewegungen leiten. Das Vertrauen auf Intuition hat sie dabei mit Lehto gemein. Pajari arbeitet in der Karborundum-Technik, einer Mischtechnik aus Radierung und Prägedruck. Sie lege die Druckplatten alle vor sich auf den Boden und bearbeite sie mit Schleifsand, Marmormehl und klebendem Harz, beschreibt sie. Die in einem zwischen Blutrot und Magenta changierenden Farbton gehaltenen Drucke entstanden also in einem einzigen, groß angelegten Schaffensprozess, sie sind eine Bewegung. In der Galerie „M“ hängen sie nun in Serie und nebeneinander, und jedes ziert eine 1/1. Denn obwohl es sich um Drucke handelt, sind es Unikate. Die Formen und Strukturen, die bei der Bearbeitung entstehen, erinnern an die Blasen und Blubber, wie man sie von Mikroskopaufnahmen aus Zellorganismen kennt. Wenn es keine finnischen Landschaften sind, dann Landschaften der Innensicht. Der Betrachter vermutet hinter Schleiern ein Paar Augen, ein Elefant und Geisterwesen. „Alles Zufall“, kommentiert Pajari, „Ich dachte nicht an einen Elefanten, aber man kann ihn sehen.“ Geprägt wären die Bilder von einer Afrikareise. Das Bild, das Parjari im Kopf hatte, waren die phantastischen Gebilde, die von der blutroten Sonne, wenn sie hinter dem aufgewirbelten Sand der Sahara untergeht, an den Himmel gemalt werden. Diese visuelle Reise in die Potsdamer Partnerstadt Jyväskylä führt nicht in grüne Wälder, nicht zu stahlblauen Seen, sie führt in ein Land der weiblichen Leidenschaften und schöpferischen Intuitionen. Matthias Hassenpflug Eröffnung: Freitag, 19.30 Uhr in der Galerie "M“, Mittelstraße 39

Matthias Hassenpflug

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