zum Hauptinhalt

Kultur: Laudate dominum?

Mozart-Konzert des Neuen Kammerorchesters

Mozart-Konzert des Neuen Kammerorchesters Woran glaubte der Katholik und Freimaurer Mozart? Sind seine kirchenmusikalischen Werke Ausdruck eines Glaubensbekenntnisses? Anders als etwa bei Bach ist dies eine intensiv und kontrovers diskutierte Frage. Es gibt wenige schriftliche persönliche Zeugnisse, die Rückschlüsse auf Mozarts Glauben zulassen. Insofern sind wir auf die Reflexionen in seiner Musik angewiesen. Uneindeutigkeit liegt zwar in deren Natur begründet, aber vielleicht wird gerade die ambivalente Wahrnehmung dem durchaus zwiespältigen Genies Mozart am ehesten gerecht. Das Konzert des Neuen Kammerorchesters Potsdam unter Leitung Ud Joffes (10.11., 19.30 Uhr, Erlöserkirche) bietet die Möglichkeit, im Spannungsfeld zwischen „Geistlichen Arien“ und „Don Giovanni“ eigene Antworten zu finden. Das geistliche uvre Mozarts ist beträchtlich: über achtzig Kompositionen. Der Großteil geht auf seine Verpflichtungen am Salzburger fürsterzbischöflichen Hof zurück. Andere sind auf den frühen Reisen entstanden. Dazu gehört auch die Solomotette „Exsultate, jubilate“. Die virtuose Komposition ist in hohem Maß der italienischen Oper verpflichtet. Solche Art Kirchenmusik hatte Papst Benedikt XIV. kritisiert und rigorose Beschränkungen angeordnet – von Stil und Zeitmaß bis zur Instrumentierung. Die wundervolle Motette zeigt, dass die päpstliche Kontrolle nicht weit reichte, wenn lokale Kirchenobrigkeiten eigene Vorstellungen entwickelten. Fürsterzbischof Graf Colloredo, Mozarts zweiter Landesherr und Salzburger Lieblingsfeind, war Anhänger der liturgischen Reformbestrebungen. Statt barocker Sinnesfreude sollte das nüchterne Wort im Mittelpunkt der liturgischen Musik stehen. Aus Mozarts letzten Salzburger Jahren stammen zwei Vespern. Das „Laudate dominum“ (Lobet den Herrn ) für Sopran, Chor und Orchester aus der „Vespera solennes“ verdeutlicht sein Bestreben, weltliche Kompositionsweisen subtil für die Kirchenmusik zu nutzen. Allerdings war das Ende in Salzburg abzusehen, auch wenn sich der Konflikt nicht vordergründig an der Rolle der Kirchenmusik entzündete. Nach vollzogenem Bruch lebte Mozart von 1781 an als „freier“ Musiker in Wien. Beruflich hatte er nichts mehr mit Kirchenmusik zu tun und es entstanden nur noch wenige geistliche Werke. Ebenso wie das Requiem blieb auch die großartige c-moll Messe (1783) unvollendet. Das Credo endet mit dem das Geheimnis der Geburt Christi nachzeichnenden „Et incarnatus est“, einer hingebungsvollen, pastoral instrumentierten Sopranarie. Als Solistin der „Geistlichen Arien“ konnte mit Mojca Erdmann, eine der vielversprechendsten Sängerinnen unserer Tage, gewonnen werden. Einen Gegenpol zu Mozarts geistlicher Musik bildet der „Don Giovanni“. Hier steht ein grenzenloser, aber sympathischer Frevler auf der Bühne. Er muss in die Hölle fahren, nicht seiner erotischen Exzesse wegen, sondern weil er die Toten nicht ruhen lässt. Zwar ist Don Giovanni die Inkarnation des Bösen – dafür stattet ihn Mozart aber mit reichlich überwältigender Musik aus. Wo liegen also die Sympathien des Komponisten? Mit der Ouvertüre der Oper beginnt das Konzert. Allerdings beklagt sich danach nicht Leporello über „keine Ruh'' bei Tag und Nacht“, sondern ein engelgleicher Sopran „frohlockt und jauchzt“ – eine musikalischen Provokation? Eng verbunden mit der Uraufführung des „Don Giovanni“ in Prag ist Mozarts Sinfonie Nr. 38 in D-Dur. Bei der „Prager“ wird der Hörer vom ersten Ton an auf etwas besonders Erhabenes eingestimmt.Christian Seidel

Christian Seidel

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false