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Kultur: Lehrstunde

Apostolischer Nuntius sprach in der „arche“

Hoher Besuch am Dienstag in der „arche“. Erzbischof Dr. Jean-Claude Périsset, Apostolischer Nuntius in Deutschland, hatte keinen Moment gezögert, die Einladung nach Potsdam anzunehmen, denn in dieser säkularisierten Welt sei es für Christen sehr wichtig, gemeinsam über Grundwerte nachzudenken, über den Frieden zum Beispiel, einem ganz zentralen Wort der Bibel.

„Meinen Frieden gebe ich euch“, heißt es beim letzten Abendmahl, „Friede sei mit euch“ war das erste Wort des auferstandenen Jesus. Alle Welt will (hebräisch schalom) den Frieden, aber welcher ist gemeint?, fragte der päpstliche Gesandte. Seit Kaiser Augustus gibt es die „pax romana“, den erzwungenen Frieden, der niemals hält, es gibt Frieden durch Einverständnis und Verhandlung, wie 1648 in Westfalen nach dreißg Jahren Krieg. Der eigentliche habe als pax Christi seine Wurzeln in Gott – Gott kündet den Frieden, der Messias bringt, vermittle und verkörpere ihn. Friede sei, „wenn alle Elemente zusammenhalten“ und keines ausschert. Letztlich schaffe diese Gottesgabe gute Beziehungen zu anderen Völkern, Einverständnis untereinander, Vertrauen und die Möglichkeit für „ein gutes Leben“. Ohne „Einklang mit Gott“ hingegen gibt es ihn nirgendwo, auch nicht im Inneren des Menschen.

Sein selbstgewähltes Thema dergestalt vorbereitend, zeigte der Schweizer dann, wie sehr sich alle Päpste des 20. Jahrhunderts um den Frieden der Welt bemühten, und zwar um einen „versöhnenden“. Benedikt XIV. zum Beispiel mahnte die Kriegsparteien 1917 um Abrüstung und Schutz der Minderheiten, Paul VI. („der Frieden gilt überall in der Gesellschaft“) führte vor 42 Jahren den Weltfriedenstag ein, Johannes Paul II. organisierte seit 1986 mehrere Treffen in Assisi, um wenigstens den Frieden zwischen den Religionen der Welt herzustellen, Benedikt XVI. ruft um des Friedens willens zum Kampf gegen die Armut auf.

Rückschläge gibt es dabei häufig. Auch bei der jüngsten Offensive gegen Gaza vermittelte ein apostolischer Nuntius in Jerusalem wieder einmal vergeblich. Es brauche eben Geduld und Demut, meinte der Diplomat. Aus eigenem Erfahren weiß er aber, dass man bis in die OSZE hinein geneigt ist, „die Meinung der Kirche zu hören“. Wenn Christen allerdings der Mut fehle, ihre Werte öffentlich zu bekennen und Politiker ihren Glauben an der Pforte abgeben, dann bleiben Konflikte nicht aus. Macht nur ein „Element“ nicht mit, gibt es keinen Frieden, und wo der fehlt, fehlt es offenbar an „Einklang mit Gott“.

Die Probe folgte sofort. Das Publikum in der vollbesetzten „arche“ wollte seine Probleme offenbar dort loswerden, wo eine Möglichkeit besteht, dass sie den Papst auch erreichten. Gewettert wurde gegen die deutschen Bischöfe und um allerlei Internes, was die katholische Seele derzeit bewegt oder aufrührt, beispielsweise die Wiedereinführung der lateinischen Messe und die Abtreibungspolitik. Der Referent wehrte ab: „Ich kann keine Aussage über die deutschen Bischöfe machen“, und bat, unter „Kirche“ nicht nur die Obristen zu verstehen. „Wir alle sind dieKirche Christi, wir sollen doch seinen Frieden verwirklichen!“ Auch Rainer Roczen von der „arche“ mahnte die aufgeregte Hörerschaft zu mehr Diplomatie.

Was für eine Lehrstunde! Jeder hatte Gelegenheit, die Worte und Werte des hohen Gastes zu überprüfen: an sich selbst, an seinem Nachbarn, am Zustand von Kirche und Welt. Und siehe, Frieden und Toleranz beginnen offenbar nicht im Großen oder beim anderen, sondern im Herzen und in der eigenen Stube. Ist innen keine Ruhe, so auch außen nicht.

Gerold Paul

Gerold Paul

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