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Kultur: Mit Blumen „bestochen“

Für die Potsdamerin Nadja Uhl ist „Sommer vorm Balkon“ die erste Arbeit mit Andreas Dresen

Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Es gab zwischen uns schon immer eine gewisse künstlerische Affinität, und stets, wenn wir uns auf irgendwelchen Festivals trafen, hieß es: „Wir müssen mal etwas zusammen machen.“ Aber das ist auch so ein typischer Filmspruch.

Doch dann kam wirklich der Anruf

Ja, aber ich zögerte. Ich hatte Zweifel, ob ich für Nike die Richtige bin. Bislang war ich ja mehr im Dramatischen zuhause. Aber dann stand ein Feld- und Wiesenblumenstrauß vor meiner Tür und auf einem gelben Klebezettel war zu lesen: „Ich möchte, dass du die Nike bist.“ Das hat mich natürlich ermutigt.

Bereuten Sie während der Dreharbeit manchmal dieses Ja?

Wenn der Zug rollt, dann rollt er. Nach einer Zusage gibt es kein Zurück mehr. Die ersten Regiebesprechungen im „Pancha Mama“, die oft bis in die Nacht dauerten, nahmen mir schließlich die eigenen Ladehemmungen. Und natürlich ist man auch froh, von einem Regisseur wie Andreas Dresen gefragt zu werden.

Sie haben sich mit Haut und Haar in die Rolle geschmissen.

Ich habe für zwei Wochen ein ganz seriöses Praktikum bei der Volkssolidarität Potsdam gemacht und die Altenpflegerin Margrit Singer begleitet, um das Grundhandwerk zu erlernen.

Durften Sie richtig mitarbeiten?

Ja, soweit das rechtlich möglich war. Das hatte anfangs auch gar nichts mit dem Film zu tun. Als erstes musste ich gründlich mit allen Klischees aufräumen. Erwartet hatte ich eine gewisse Abgebrühtheit, aber ich erlebte eine Frau, die sich über jeden, den sie betreut, ihre Gedanken macht und versucht, seine Eigenheit zu beachten. Das war eine sehr professionelle und liebevolle Arbeit. Man wird auf ganz Elementares zurück geworfen. Es geht in so einem auch körperlich sehr nahen Umgang um die Würde des anderen. Ich bin sicher kein Mensch, der weltfremd durchs Leben geht, aber es ist anders, in einen Beruf, den man nicht kennt, komplett einzutauchen. Da ist man nicht nur die Schauspielerin, sondern auch eine Privatperson. Alle Theorien haben da keinen Wert mehr.

Nike macht Ihre Arbeit ganz pragmatisch

Sie ist kein sentimentaler Typ. Aber auch ihr ist die Seelenpflege wichtiger als die Körperpflege.

Sie haben als Nike dem dementen Herrn Neumann den Po gewaschen, was im Film auch gezeigt wird. Das ist schon ein besonderer Moment.

Man stellt es sich vielleicht leicht vor, einen alten Menschen zu waschen. Aber wenn man es wirklich macht, ist es schon anders. Hinter diesen Menschen stehen Biografien, ein gelebtes Leben.

Es war sicher auch für den Schauspieler Hannes Stelzer nicht so einfach, den Herrn Neumann zu spielen.

Für Hannes war es kein Problem, seinen Körper zu zeigen, der eh noch sehr jugendlich wirkt, trotz des Alters. Er wollte diese Szene, die deutlich macht, was zu dieser Arbeit dazu gehört.

„Sommer vorm Balkon“ widmet sich Problemen, die jeder mit sich rum zu schleppen hat.

Er zeigt den Übergang vom Sozial- zum Individualstaat, die Vereinsamung von Kindern, von der mittleren und der älteren Generation. Aber nur gemeinsam kommt man durch. Ich sehe auch das Verhältnis von Nike zu Katrin als keine Freundschaft, sondern eher als Zweckbeziehung von Frauen, die sich treffen, um nicht allein zu sein.

Wie kamen Sie mit der Sprache von Wolfgang Kohlhaase zurecht?

Es sind spröde Texte, aber du merkst beim Spielen die Kraft, die er dort reingelegt hat.

Sie sind derzeit viel gefragt.

Im Moment kommt alles etwas geballt: Gerade habe ich mit Jo Baier den SWR-Film „Nicht alle waren Mörder“ gedreht: eine Verfilmung der Michael Degen-Biografie. Und in den sehr anspruchsvollen RTL-Zweiteiler „Sturmflut“ über die Katastrophe 1962 in Hamburg bin ich ebenfalls an der Seite vieler Stars, wie Heiner Lauterbach oder Götz George, im Februar zu sehen.

Wie wichtig war Ihnen Ihre Zeit am Hans Otto Theater?

Die vier Jahre nach dem Studium haben mich sehr geprägt, vor allem die Zusammenarbeit mit dem Ensemble. Damals hatte das Theater einen schlechten Stand. Wir hatten wenig Resonanz. Aber das hat uns aufs Engste zusammengeschmiedet. Es freut mich riesig, dass heute das Theater wieder mehr interessiert. Meine Rolle als Tatjana in Schlöndorffs Film „Die Stille nach dem Schuss“ habe ich auch meiner Potsdamer Theaterzeit zu verdanken. Die Casting-Frau Ingrid Bewen hatte mich dort entdeckt.

Das Gespräch führte Heidi Jäger.

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