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Kultur: Musikalische Leidenschaft

Purer, echter Rock mit Hungry at heart und Stonehenge im Freiland

„Bevor ich uns ins Unglück rede, sage ich lieber gar nichts.“ Etwas schüchtern steht der große, schmale Kenny Frost von Hungry at heart auf der Bühne im Freiland. So als ob er gleich einen Vortrag halten müsste. Doch für Reden sind sie nicht hier. Vor seinen Füßen flimmert eine kleine Lavalampe. Ein herzhafter Tabakgeruch schwebt im Raum. Es ist der erste Aufritt der vier Potsdamer und sie stehen unter Spannung. Ob ihr selbstkomponierter Stilmix aus modernem Heavy Metal und Rock an diesem Abend genauso gut klingen wird wie zuvor im Proberaum?

Der von rotem Rauch eingehüllte Drummer zählt den Takt ein und haut drauf. Bald folgen ihm Bassist Felix Ketzer und Gitarrist Ron Herrmann. Harte Gitarrenriffs werden von eingängigen Melodien getragen. Dann nimmt Kenny seine Brille ab und umklammert das Mikrofon. Seine raue Stimme schreit und kreischt politische wie auch persönliche Erfahrungen der Band durch den Saal. Dreadlocks schleudern durch die Luft. Die Devise dieses Freitagabends, „Indie Fresse“, ist zu spüren.

„Independent Musik wird mittlerweile als Standard bezeichnet. Wir lehnen das ab“, sagt Felix Ketzer. Bands wie Emil Bulls oder Deftones zählen die vier zu ihren Einfüssen. So basiert auch der Bandname Hungry at heart auf einem Songtext von Emil Bulls.

Sie spielen jetzt „Oceans Silence“, ein Lied, das mit ruhigem Gesang beginnt. Dann kommt ein Sturm auf. Die Kraft des Meeres ist bei prägnanten Shoutparts am eigenen Körper zu empfinden. Ein junger Mann im Publikum scheint die 70er Jahre noch einmal aufleben zu lassen. Wie bei einem Wackel-Elvis wippt sein Oberkörper auf und ab. Auf Anspannung folgt Erleichterung. Begleitet von leidenschaftlicher Hingabe für ihre Sounds ist diese nun auch bei Hungry at heart zu spüren: Neben dem gemeinsamen Proberaum eine weitere Gemeinsamkeit mit der befreundeten Band Stonehenge.

Früher am Abend hatte diese Newcomerband, die kurz vor ihrem ersten Plattenvertrag steht, das Publikum mit rockigen Klängen begeistert. Strahlend hämmerte Johannes Walenta pulsierende Akkorde in seine Hammond-Orgel. Es scheint, als braucht er nichts als Musik und Luft zum Leben. Seine langhaarigen Bandkollegen perfektionieren diese Kombination noch durch ein bisschen Nikotin. „Hat mal jemand eine Kippe für den Bassisten?“ Das Publikum reagiert sofort und reicht eine Zigarette zur Bühne vor. Stonehenge sollten ja schließlich noch ein paar Songs spielen. Friederike Haiser

Friederike Haiser

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