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Kultur: Nächtlicher Liebeswahn

Shakespeares „Sommernachtstraum“ als Tanzstück bei den Potsdamer Hofkonzerten

Demetrius will Hermia heiraten. Die jedoch liebt Lysander, mit dem sie flieht. Zuvor vertraut sie sich ihrer Freundin Helena an. Die wiederum hat ihr Herz an Demetrius verloren – Verwirrung der Gefühle. Nichts scheint zusammenzupassen in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“. Die in einem Zauberwald umherirrenden Verliebten verlieren völlig den Durchblick, als ihnen im Schlaf der übermütige Waldgeist Puck den Saft einer Wunderblume in die Augen träufelt. Im Rausch des Elixiers, aufgeheizt durch die Schwüle der Sommernacht, wechseln Liebesbekenntnisse und heißblütige Schwüre ihre Adressaten. Was aber ist Traum, was wirkliche Empfindung? Mit dem Morgen verlischt der Zauber. Und im Licht des Tages klären sich die Verhältnisse.

Der nächtliche Liebeswahn und die im Traum aufreißenden Abgründe des Unterbewusstseins sind es, die zu immer neuen Interpretationen des Shakespeare-Klassikers führen. Die in Zypern geborene Dominique Efstratiou hat den Stoff für die Potsdamer Hofkonzerte in komprimierter Form als Tanzstück choreographiert. Auf der Bühne des Schlosstheaters im Neuen Palais erlebt es morgen seine Premiere.

Dominique Efstratiou konzentriert sich auf die Liebesgeschichten von Hermia, Helena, Lysander und Demetrius. Die anderen Ebenen des Stücks – Elfenkönig Oberon und seine Gemahlin Titania sowie das spiegelnde Laienspiel der Handwerker – werden ausgeblendet, ohne dem Geschehen seine Vielschichtigkeit zu nehmen. Jede der Geschichten, ist sich die Choreografin sicher, berühre das gesamte Themenspektrum. Die Komplexität der einzelnen Figuren und ihre wechselnden Beziehungen tänzerisch darzustellen, ist Herausforderung genug. Für den faunischen Puck gar reicht ein Tänzer nicht aus. Anny Share-Kissov und Thomas Margies bewegen sich in die Zwiespältigkeit seines Wesens hinein, entdecken das Liebreizende wie das Teuflische, aber auch die weibliche und die männliche Seite seiner Person.

Die beiden Tänzer gehören wie alle anderen zur Berliner Compania DIAFANIA, einer Truppe erfahrener Balletttänzer. Angela Reinhardt tanzt die Hermia, Constanze Korthals die Helena. Als Demetrius und Lysander sind Marko Weigert und Dan Pelleg zu erleben.

Die Idee für eine Tanzinszenierung des „Sommernachtstraums“ kam von der Organisatorin der Potsdamer Hofkonzerte, Barbara Heidenreich. Der zeitlose Stoff, für den Felix Mendelssohn Bartholdy die Bühnenmusik schrieb und 1843 im Schlosstheater zu Uraufführung brachte, ist in Potsdam noch nie choreographiert worden. Inspiriert vom authentischen Ort bewegt sich die vom Band eingespielte Musikauswahl hier aber in den Traditionen heutiger Choreografien, die die Musik Mendelssohn Bartholdys mit zeitgenössischen Kompositionen harmonisch mischen.

Für die Potsdamer Hofkonzerte ist der „Sommernachtstraum“ die zwölfte Tanzproduktion – eine kontinuierliche Arbeit in einer Stadt, in der der klassische Bühnentanz nie eine Heimat fand. Und da mittlerweile kaum ein Theater im Land Brandenburg mehr über eine eigenständige Sparte des klassischen Balletts verfügt, gastiert Barbara Heidenreich mit ihren Produktionen nun innerhalb des Theaterverbundes auch in Cottbus, Frankfurt (Oder) und Senftenberg. Die enge künstlerische Zusammenarbeit mit Dominique Efstratiou führt sie in den kommenden Wochen aber erst einmal auf Gastspielreise nach Zypern, wo das im vergangenen Jahr bei den Hofkonzerten erfolgreich aufgeführte Tanzstück „Salomé“ zu sehen sein wird.

Schlosstheater im Neuen Palais, Freitag 2.12. und Mittwoch 7.12., jeweils 19 Uhr, Karten an der Abendkasse.

Antje Horn-Conrad

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