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Kultur: Punkrock der explodiert

Vor wenigen Minuten saß Ralf Noack noch ganz ruhig am Tisch. Mehr noch: Der Sänger und Gitarrist der Potsdamer Band „Der Dritte Mann“ schien die Ruhe selbst zu sein.

Vor wenigen Minuten saß Ralf Noack noch ganz ruhig am Tisch. Mehr noch: Der Sänger und Gitarrist der Potsdamer Band „Der Dritte Mann“ schien die Ruhe selbst zu sein. Kurz darauf verwandelte er sich in Dr. NO: Zunächst machte der Musiker den druckvollen Rhythmus seiner Band mit harmlosem Hüpfen sichtbar. Dann aber gab er jegliche Kontrolle auf, schlug wild auf seine Gitarre, taumelte auf der Bühne, riss den Mikrofonständer um und stolperte ins Schlagzeug. Doch als die letzten Riffs verebbten, war Dr. NO wieder verschwunden. Stattdessen stand Ralf Noack da, still, und wunderte sich. Warum war der Mikrofonhalter plötzlich kaputt?

„Der Song heißt “Im weißen Raum““, sprach Noack – wieder ganz die Ruhe selbst – das verwunderte Publikum an, „sind wir nicht irgendwie immer dort, vielleicht auch heute?“ Die etwa 60 Gäste mittleren Alters applaudierten. Kommentarlos. Treibende Punkriffs, kreischende Solosaiten und der Gesang heulender Wölfe verbreiteten in dem gemütlichen Schiffsrestaurant „John Barnett“ am Donnerstagabend in der Schiffbauergasse die Atmosphäre urbaner Verzweiflung.

Als ein „Aufruf zum Aufruhr“ wurde der Song angekündigt, den die Band aktuell zu den Ereignissen in den Pariser Vorortvierteln komponierte. „Ich wünsche mir, dass die Autos brennen“, sagte Sänger und Gitarrist Andreas Schulze, „wenn es nicht meins ist“, fügte er schmunzelnd hinzu. Rebellentum mit Augenzwinkern. Sich selbst und die Welt nicht allzu ernst zu nehmen, das brachte die Potsdamer Band mit ihrer Musik, ihren Song-Texten und in scheinbar unsinnigen Ansagen zwischen der Musik wunderbar rüber.

„Wir spielen Rock“n“Roll im Future-Design“, hatte Noack am Anfang des Konzerts erklärt, „ wir versuchen, immer nach vorne zu gehen – druckvoll“. Tatsächlich bewegte sich die Band eher im Punk- und Garagenrockbereich, bereichert durch elektronische Sounds. Der klassische Rock“n“Roll war zwar nicht herauszuhören, aber als Attitüde präsent. Im Januar 2006 spielt „Der Dritte Mann“ in der Waschbar in der Geschwister-Scholl-Straße. Karsten Sawalski

Karsten Sawalski

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