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Kultur: Räuber saufen Blut

Ein Metallfestival mit Subway to Sally

Verkohlter Rauch liegt über Potsdam. Knall. Knall. Knall. Mehrere weiße Raketen explodieren auch kurz unter der Decke der Metropolis-Halle. Der Startschuss für die sieben Musiker von Subway to Sally, die am vergangenen Donnerstag auf die Bühne stürmen. „Hallo Heimat“, brüllt der mittelalterliche Metallmusiker Eric mit rauer Kehle, dessen wasserstoffblonde Mähne ein schwarzes, glänzendes Lederband zügelt. Kurz und treffend, wie es sich für einen Rocker gehört.

Die über 3000 erschienen Fans mussten sich bis vor zwei Jahren immer noch mit den begrenzten Karten des Lindenparks begnügen. Umso gespannter erwartet nun das Publikum den Höhepunkt dieses Festivals der Metallszene. Die drängelnden Mittelaltermelodien der elektrischen Violine von Frau Schmidt werden von den peitschenden Drumtakten des Schlagzeugs untermalt. Flammen steigen auf und lassen die Gesichter glühen. Der eindringliche, dunkle Gesang befiehlt dem Publikum ihnen ins Feuerland zu folgen. Dieser fiktive Ort scheint rein gar nichts mit dem von der deutschen Popband Pur beschriebenen „Abenteuerland“ zu tun zu haben. Mitten in der schwarzen Menge tanzt eine Frau in Korsett, Netzoberteil und Stiefeln bereits leidenschaftlich in dem Land des Feuers versunken. An diesem Abend spielt sich sowohl auf der Bühne als auch im Publikum eine Mittelaltershow ab. Schwarze Dracula-Umhänge, bleich geschminkte Gesichter, aufblitzende Nietengürtel, Frauen in Korsage und Lederstiefeln füllen die Halle. Der muskulöse Frontsänger der Karlsruher Mittelalter-Rocker von Saltatio Mortis formulierte es zuvor so: „Es ist immer wieder schön zu sehen, dass so viele sympathische Menschen mindestens genau so einen an der Klatsche haben wie jeder Einzelne auf dieser Bühne“.

Um hier herauszustechen, muss es dann schon etwas mehr als Kajal, eisig blaue Kontaktlinsen oder ein besonders fanatischer Tanzstil, wie der der jungen Frau mit Korsett, sein. Sie stampft von Bein zu Bein und lässt dazu ihre schwarz gefärbten Haare durch die Luft wehen. Wie ein Erdbeben haben die tiefen Bässe ihren Körper erfasst. Ein Schrei aus dem Publikum. Auf der Bühne werden nun die beeindruckenden, feurigen Spezialeffekte von einem anderen, uns derzeit sehr bekannten meteorologischen Phänomen abgelöst. „Denn der Kompass zeigt zum Nordpol hin, der Kristall steckt tief im Herzen, was nur schlägt für meine Schneekönigin“. Passend zur eisigen Nacht bedecken weiße Schneeflocken die ausgestreckten im Takt schwingenden Fäuste des mitjohlenden Publikums.

Als besonderen Höhepunkt haben Subway to Sally neben ihrer dreifachen Verstärkung von den Metallbands Dunkelschön, Mono Inc. und Saltatio Mortis noch einen weiteren in der Mittelalter-Rock-Szene bekannten und beliebten Solokünstler eingeladen. Ein Begrüßungsschrei. Dann werden die drei Großbuchstaben APS lauthals von der Menge wiedergegeben. Ein langhaariger Mann mit Ledermantel und Piratentuch auf dem Kopf betritt die Bühne und singt kraftvoll über die Vergänglichkeit des Lebens, von dem nur „kalte Asche“ übrig bleibe. Ein kleiner Schuljunge mit langem Rapunzelhaar schüttelt dieses auf und ab und lacht danach ganz erschöpft seiner Mutter zu.

Nach dem fünfstündigen Metallfestival-Marathon ist das Publikum immer noch musikdurstig und darf dann auch endlich von dem Subway to Sally-Schlachtruf „Blut, Blut, Räuber saufen Blut“ Gebrauch machen. Auf dem Nachhauseweg schwebt noch ein letzter Rest von dem verkohlten Rauch in der eisig kalten Luft. Friederike Haiser

Friederike Haiser

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