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Kultur: Ruhig im vielfachen Sinne

Die Ausstellung „Bilder“: Squaw Hildegard Rose zeigt ihre Werke im Kunstraum Potsdam

Blau, braun, silbern, so ist der erste Eindruck der Ausstellung mit über siebzig Bildern von Squaw Hildegard Rose aus den Jahren 2001-2007 im Kunstraum Potsdam. Kein einziges hat einen Titel. Auch der Ausstellungstitel „Bilder“ verweist einzig auf die Exponate. Der Betrachter kann sich nur an Weniges halten, an seine Gefühle und Assoziationen angesichts der Farbflächen. Das werden meist Gedanken an die Natur sein, die sich aber nicht im freundlich-fröhlichen Grünbereich aufhält, sondern eher im nächtlichen, dunkelblau-schwarzen Schatten der Welt.

Die Bilder sind ruhig im vielfachen Sinne: sie strahlen Gefasstheit aus, spielen mit dem Raum, den sie – schaut man lange genug hin – eröffnen. Farbtöne kontrastieren und changieren zwischen helleren und dunklen Elementen, in einigen Arbeiten darf das bewusst sehende Auge auch die Freude des Wiedererkennens spüren: Mal hebt sich ein dunkler Vogel von der geschichteten, verästelten Struktur ab, auf der sich blaugraue Nebelschwaden zu erheben scheinen, mal sehen kerzengerade Birkenstämme aus einer Landschaft, die auch der Einblick in den inneren Körperraum sein könnte.

Manche ihrer Betrachter erkennen, so Hans-Jörg Schirmbeck im Katalog, die Nähe zur Musik, zur „Welt der Klänge“ darin. Es ist wie eine Einladung zur Meditation, für die man Zeit und auch die Einstellung mitbringen muss. Die Hektik des Lebens vor den Türen des Kunstraums muss abgelegt sein, um sich dem Bilduniversum der Squaw zu widmen. Es sind drei Bereiche, die die Ausstellung unterteilt: Im großen Flur und früheren Eingangsbereich des Kunstraums hängen die an die Natur erinnernden, sie aber keinesfalls abbildenden Arbeiten in dominanter Braun- und Blaugestaltung; der zur Straße hinführende Raum mit dem großen Fenster bietet wie eine Zäsur neben Gemälden auch drei Metallplatten, die offensichtlich aus der russisch-militärischen Vergangenheit Potsdams stammen und eine Schriftzeile, die Anlass zum Nachdenken gibt: „Es gibt viel Schreckliches, aber... nichts ist schrecklicher als der Mensch“, steht als Mahnung neben einer Reihe von Bildern auf der Wand, auf der Stirnseite des Raumes halten eine Reihe soldatischer Pappkameraden Wache.

Im Obergeschoss sind kleinformatigere Bilder versammelt, die durch ihre Technik vereint werden. Sie bestehen aus einer Mischung von Röntgenaufnahmen mit Malerei. Verstörend ist das einerseits, weil die schreckliche Wahrheit über den Menschen die einzige schnell dechiffrierbare Botschaft ist, und weil andererseits nur ganz wenige der Arbeiten ein Abbild von etwas Bekanntem dem Verständnis entgegenkommen. Die quasi politische Botschaft, die plötzliche Beschäftigung mit den Relikten von militärischer Vergangenheit setzt ein Zeichen, das wie ein Fanal in der ansonsten ganz auf Ruhe und Rückbesinnung, auf eine neu durch den Blick zu schaffende Gegenwelt wirkt. Beruhigend aber wiederum sind Farb- und Formgebung, die nichts Aufregendes an sich heranlassen und insgesamt eine Insel der Ruhe bilden. Eine komplett von der modernen Realität losgelöste Welt tut sich dem Besucher auf, sieht man von der fast zu deutlichen Botschaft auf den schrecklichen Menschen ab.

Der Kunstverein Potsdam und der Brandenburgische Verein der Kunstkritiker und Kunstwissenschaftler haben gemeinsam diese Ausstellung (bis 17.2.) organisiert. Hildegars Squaw Rose ist 1942 in Kiel geboren und studierte dort sowie in Braunschweig Malerei und Graphik. Ihren indianischen Beinamen habe sie von ihrem Mann erhalten, weil sie früher lange schwarze Haare trug, viele Indianerbücher las und beeindruckt war von der Naturnähe dieses Volkes. Also habe sie den Namen akzeptiert und trägt ihn nun, nicht nur als Pseudonym, sondern als integrierten Bestandteil ihres Namens, der wie ein Aufruf zur Besserung des Menschen wirkt. Manchmal will die zurückgezogen lebende und arbeitende Frau trotz ihrer rätselhaften Bilder eben doch eine klare Botschaft senden. Lore Bardens

Lore Bardens

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