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Kultur: Schlicht und zerklüftet

Ludwig Walters „Widerstand und Ergebung“

Ludwig Walters „Widerstand und Ergebung“ Bereits 1988 wurde „Widerstand und Ergebung“ uraufgeführt, ein dreiteiliges Orgelwerk des Kleinmachnower Komponisten Ludwig Walter. Der damalige Pfarrer der Bornstedter Kirchengemeinde, Gottfried Kunzendorf, bat Walter, eine Komposition für die alljährlich wiederkehrenden Gedenkfeiern zum 20. Juli 1944 in Bornstedt zu schreiben. Ludwig Walter sagte zu und schrieb das Orgelstück, das er den Titel des Buches mit Aufzeichnungen Dietrich Bonhoeffers „Widerstand und Ergebung“ gab. Ein wenig argwöhnisch betrachtete damals der staatlich regierte Verband der Komponisten das Werk Ludwig Walters, weil er es im Auftrag der Kirche verfasste. „Machen Sie dafür nicht zuviel Reklame“, so die Forderung des Verbandes. Doch die Staatssicherheit hatte neben den Reden bei der Gedenkveranstaltung in der Bornstedter Kirche auch Ohren für die Uraufführung des Orgelstücks. Nun aber kann die Komposition ohne staatliche Zensur-Versuche erklingen. Während eines Konzertes in der Dorfkirche Kleinmachnow wurde „Widerstand und Ergebung“ am Sonntag von dem Berliner Organisten Christian Schlicke aufgeführt, vier Tage nach dem 61. Gedenktag des gescheiterten Attentats auf Hitler. Ludwig Walter stellte den drei Teilen seines Werks eindrucksvolle Texte voran: aus der Moabiter Sonette von Albrecht Haushofer, ein Zitat Henning von Tresckows, der einer der aktivsten Männer des militärischen Widerstands gegen Hitler war, und die Stationen auf dem Wege zur Freiheit, die der Theologe Dietrich Bonhoeffer am 21. Juli 1944 im Gefängnis Tegel aufschrieb. Walter bezog sich bei seiner sehr bewegenden Musik dann auch auf die Texte. Zerrissenheit, Schmerz, Trauer, Hoffnung und Entschlossenheit werden in der Komposition in schlichter Diktion, in zerklüfteten Akkorden und eruptiven Klängen zu Gehör gebracht. Es ist eine Musik, die mit Ausnahmen kaum zur Ruhe kommen will, sie fordert den Zuhörer. Christian Schlicke hat sich dem teilweise komplizierten Werk mit großem Engagement hingegeben und es wirkungsvoll auf der Schuke-Orgel musiziert. Das Konzert in der Dorfkirche Kleinmachnow war aber auch dem 255. Todestag Johann Sebastian Bachs am 28. Juli gewidmet. Schlicke hat eine Auswahl von Präludien und Fugen ((BWV 535 bzw. 539) sowie Choralbearbeitungen geboten, gerade und streng. Die abschließend musizierte Fantasie G-Dur BWV 572 wurde dann noch ein besonderer Höhepunkt, weil der Organist das Werk inspiriert und mit großem Atem interpretierte – auch eine Musik, die selten zur Ruhe kommt. Klaus Büstrin

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