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Dem Fado verpflichtet. Telmo Pires.

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Kultur: Sehnsuchtsvoll

Telmo Pires bringt den Fado in den Nikolaisaal

Er ist ein Mann, in dessen Brust zwei Seelen wohnen, die ihn immer wieder zwischen den Hauptstädten Berlin und Lissabon wandern lassen. Städte, die ihn gleichermaßen faszinieren und anziehen. Telmo Pires, 1972 im Norden Portugals geboren und nach dem Sturz Salazars mit der Familie nach Deutschland ausgewandert, ist der „Deutsche in Portugal und der Portugiese in Deutschland“.

Dass er trotz allem den Bezug zu seinen portugiesischen Wurzeln nicht verloren hat, beweist der Musiker mit dem, was er macht – anfänglich mit dem deutschen und dem französischen Chanson kokettierend, entdeckte er vor über zehn Jahren den Fado, die Musik seiner Heimat, für sich und produzierte bereits zwei Alben mit einem eigenen, sehr modernen Stil, der aber trotzdem auch eine Verneigung vor der Tradition und vor Fadogrößen wie Amália Rodrigeus oder Carlos do Carmo ist.

Ganz in Schwarz gekleidet und barfüßig stand Telmo Pires am Freitag im Foyer des Nikolaisaals. Und das Publikum konnte sich dem Charme und der Intensität dieses jung gebliebenen Mannes kaum entziehen. Hat er doch so viel Wärmendes im Gepäck und beschwört an einem kalten Wintertag „die große weiße Dame am Tejo“ herauf, die mit Nachnamen Lisboa und mit dem Vornamen ganz schlicht Maria heißt. „Maria Lisboa“ oder „Vivo Bairro Alto“ lassen keinen Zweifel daran, dass er die Stadt, dass er Lissabon liebt und sich nach ihr sehnt. Den Stücken fehlt jede Traurigkeit und Melancholie, sie sind schnell und lebhaft, seine nicht ganz so klassisch besetzte Band – Gitarre, portugiesische Gitarre und Bass – stürmt hinter Telmo Pires her, der die Bühne für sich einnimmt und mit dem ganzen Körper singt.

Beinahe möchte man sagen: spielt. Denn auch wenn er zwischen den Liedern immer wieder betont, der Fado sei eine ganz schlichte Musik, hätte früher gar wie eine Zeitung funktioniert und Neuigkeiten und Spott in die Gassen Lissabons getragen, kann er selbst diese schlichte Natürlichkeit nicht immer glaubhaft übertragen. Dafür ist er zu perfekt inszeniert, äußerlich und auch künstlerisch. Immer wieder lässt er beim Singen den Blick in die Ferne schweifen, senkt ihn dann in den Boden, schließt gar die Augen. Trägt etwas zu getragen die ersten Zeilen des einen oder anderen Liedes im Deutschen vor, bevor er die musikalische Version auf Portugiesisch beginnt. Da fängt man an zu verstehen, dass die von ihm augenzwinkernd und selbstironisch genannte „Boyband“ vielleicht gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist.

Telmo Pires ist ein professioneller Musiker mit professioneller Begleitung, der gern probiert. Der ein Händchen dafür hat, das Programm für einen zweistündigen Abend so zu gestalten, dass es nie langweilig wird. Der den Fado bis nach Potsdam bringt und wenn er über Lissabon oder seine schöne Großmutter, „Morena“, die Dunkle, singt, sein wirkliches Gefühl nicht ganz verstecken kann.

Andrea Schneider

Andrea Schneider

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